Christopher Ventris als Parsifal

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

"Parsifal" an der Wiener Staatsoper

Alvis Hermanis' Interpretation von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel spielt im Wien des Fin de Siècle. Die Starbesetzte Neuproduktion - mit Nina Stemme, Christopher Ventris und Gerald Finley - hat heute Abend Premiere, Semyon Bychkov dirigiert.

Christopher Ventris als Parsifal

Christopher Ventris als Parsifal

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Lange Jahre war seine Aufführung nur dem Festspielhaus in Bayreuth vorbehalten. Nun gehört es ganz selbstverständlich zu vielen Opernhäusern der Welt, vor allem zu Ostern, geht es doch um spirituelle Themen wie Wunde und Schuld, Tod, Auferstehung und Reinkarnation.

Morgenjournal, 30.3.2017

Parsifal in Steinhof

Wenn sich der Vorhang hebt ist man bei diesem "Parsifal" im Wien des Fin de Siècle gelandet. Der Jugendstil des Otto Wagner dominiert, wir befinden uns nicht in der Gralsburg, sondern im Sanatorium von Steinhof, ein durchaus schönes Ambiente, wie es dem Dirigenten des neuen "Parsifal", Semyon Bychkov, auch vorschwebte.

Es sei so eine schöne Geschichte, sagt Bychkov, wenn auch immer wieder aufs Neue verwirrend. Vom schwerverletzten Gralskönig über seinen Gegenspieler, den Zauberer Klingsor, die Verführerin Kundry und dem reinen Tor Parsifal, der in dieses Spannungsfeld gerät.

Krise der europäischen Gesellschaft

Warum setzt der lettische Regisseur Alvis Hermanis diesen "Parsifal" ins Wien um 1900? "Es ist eine Metapher für jene Zeit, als die Moderne auf die Zukunft traf", sagt Hermanis. Dass "Parsifal" in einer Nervenheilanstalt spielt, wo man auf Gitterbetten und Freuds Sofa trifft, sei durchaus folgerichtig, denn auch für Richard Wagner sei es in seiner letzten Oper um die Krise der europäischen Gesellschaft gegangen. Und die europäische Gesellschaft sei nun mal eine christliche Gesellschaft, das meint Hermanis durchaus auch auf heute bezogen.

Nina Stemme als Kundry

Nina Stemme als Kundry

Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Dieser "Parsifal" könnte funktionieren, denn auch das prominente Sängerensemble lässt sich auf die Ideen von Hermanis ein: die Kundry von Nina Stemme etwa, der Parsifal des Christopher Ventris oder der Amfortas des Gerald Finley. Der Gurnemanz musste kurz vor der Premiere krankheitshalber umbesetzt werden, ihn singt nun René Pape.

"Summe von Wagners Leben"

Für den Dirigenten Semyon Bychkov, der als junger Dirigent eine Art Erweckungserlebnis beim Parsifal in Bayreuth hatte, geht es in "Parsifal" um Spiritualität in einem umfassenden Sinn, hat doch Wagner Gedankengut von Schopenhauer und Ideen des Buddhismus in sein Werk einfließen lassen.

In dieser "Summe von Wagners Leben", wie Bychkov den "Parsifal" nennt, treten keine Gralsritter auf, sondern die Ritter der Wiener Moderne: von Klimt bis Freud und von Kraus bis Peter Altenberg. So könnte dieser neue "Parsifal" ein Wiener "Parsifal" par excellence werden. Auf die Reaktion des Publikums und die Kritiken darf man durchaus gespannt sein.

Service

Wiener Staatsoper – Parsifal