Ein Junge auf einer Halde von Plastikflaschen

AFP,Arindam-Dey

Radiokolleg

Die Plastikgesellschaft

Kunststoff hat heute keinen besonders guten Ruf: Im Pazifik schwimmt ein riesiger Teppich aus Plastikteilchen, Weichmacher in Kunststoffflaschen stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Und auf den Müllhalden türmen sich Plastiksackerl und andere Verpackungen, die weder wiederverwertbar sind, noch verrotten können.

Die Erde ist zum "plastic planet" geworden. Und dennoch ist es beinahe unmöglich, im Alltag auf Kunststoff zu verzichten. Von der Klobrille oder der Zahnbrüste über Telefone und Laptops, Kinderspielzeuge und Autoteile, bis hin zu Bekleidung und Möbeln - Plastik ist ein beliebter Werkstoff, Plastik ist überall.

Eine Müllhalde voll Plastikflaschen

Charly-Triballeau,AFP

Der kommerzielle, alle Lebensbereiche durchdringende Siegeszug des Kunststoffs beginnt vor circa 50 Jahren. Ende der 1960er Jahre kommen nicht nur stetig neue Kunststoffmaterialien auf den Markt, auch der Zugang der Designer verändert sich in vielen Produktionsbereichen. Die Idee, Produkte für den Massenkonsum zu gestalten, wird immer wichtiger.

Der Verbrauch steht im Vordergrund, nicht der zeitlose Funktionalismus. Und dank der neuen Materialien sind die Produktdesigner auch nicht länger an die traditionelle Formensprache früherer Jahrzehnte gebunden. Montageschaum aus Polyurethanharz oder wärmebeständiges chloriniertes PVC machen abstrakte, organische Formen möglich, die man bis dahin im Design nicht kannte.

Die Vision ist simpel: Was auch immer aus Plastik gefertigt werden kann, soll weggeworfen werden. Plastikteller, die man nur für eine Mahlzeit nutzt. Kleidung aus synthetischen Fasern, die nach einmaligem Tragen im Müll landen. Kugelschreiber mit Kunststoffhüllen, auf die man nicht weiter Acht geben muss. Die Wegwerfgesellschaft wurde geboren.

Ein Berg von Plastikmüll am Strand

AFP

Doch die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Bereits in den 1970er Jahren prangerte der Club of Rome "die Grenzen des Wachstums" und den hohen Ressourcenverbrauch an. Und dazu gehörte schon damals der immens hohe Verbrauch von Kunststoffgütern aller Art, von denen ein Großteil aus Erdöl gefertigt wurde und wird.

Doch diese Kritik wurde nicht gehört. Kunststoff ist heute überall. Verpackungen, Gebrauchsgegenstände, Elektrogeräte, Kleidung, Möbel, Bürobedarf, Beschichtungen, Arbeitsgeräte, Ausweise und Kreditkarten - es gibt nur wenige Dinge, die nicht aus Plastik gefertigt werden können. Rund 250 Millionen Tonnen werden weltweit jährlich produziert. Und ein wesentlicher Teil davon landet im Müll oder - noch schlimmer - im Meer.

Dort haben sich riesige Müllteppiche gebildet. Jener im Nordpazifik, der "Great Pacific Garbage Patch" ist mittlerweile so groß, das man ihn vom Weltall aus erkennen kann. Und dieser "siebte Kontinent" wächst weiter. Laut einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP, gelangen jedes Jahr rund 6,4 Millionen Tonnen Plastikabfälle in die Ozeane.

Doch das ist nicht das einzige Problem, das die Plastikverschwendung der vergangenen Jahrzehnte gebracht hat. Einige Bestandteile von Kunststoffen stehen im Verdacht, auf das menschliche Hormonsystem einzuwirken, krebserregend zu sein oder sogar die Gene zu schädigen. Und das Erdöl, aus dem viele Kunststoffe gefertigt werden, ist eine endliche Ressource.

Die Suche nach Alternativen ist mittlerweile in Fahrt gekommen. Das Ziel sind Werkstoffe, die sich genauso gut verarbeiten lassen, wie Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen, die haltbar und biologisch abbaubar sind. Würde das ausreichen, damit die Wegwerfgesellschaft ihr abfälliges Attribut ablegen kann?