Newsroom, ZIB-2-Studio

ORF/THOMAS RAMSTORFER

Unabhängigkeit in Gefahr?

Der ORF-General und die böse ZIB2

Eine angekündigte Strukturreform in der ORF-Fernsehinformation ist seit Wochen ein heißes Thema auf den Medienseiten der Zeitungen. Redakteure befürchten, dass personelle Änderungen im Zuge der Reform den Einfluss der Politik erhöhen könnten. Der Generaldirektor versucht zu beruhigen.

Zwei Channel-Manager sollen die wichtigsten Fernsehprogramme des Landes umbauen: ORF1 als urbanes und weltoffenes Programm, ORF2 mit den Info-Flaggschiffen wie ZIB2 und Report als eine Art Heimatkanal. Die Medien schreiben schon von einem Kanal für die Van-der-Bellen-Wähler und einem für die Hofer-Wähler. Kommt ein stärkerer Zugriff der Politik? Redakteursvertreter fürchten um die journalistische Unabhängigkeit auf dem Küniglberg.

Roland Brunhofer

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Roland Brunhofer

Channel-Manager als Schlüsselfrage

Auf ORF2 laufen die wichtigsten Informationssendungen, wer ORF2-Chef wird, ist also eine Schlüsselfrage. Die besten Chancen hat Roland Brunhofer, der ehemalige Salzburger Landesdirektor. Der bekennende Sozialdemokrat hat mit einem Satz, der bei seiner Verabschiedung in Salzburg gefallen ist, viele alarmiert: "Es kann nicht sein, dass wir frühmorgens mit einer Politikerverarschung beginnen und spätabends in einem politischen Verhör enden", so Brunhofer.

"Etwas reparieren, das nicht kaputt ist"

ORF-Redakteursvertreter Dieter Bornemann zeigt sich angesichts der Kandidaten, die bisher offiziell genannt wurden, nicht sonderlich erfreut. "Offensichtlich soll hier etwas repariert werden, was nicht kaputt ist", mutmaßt Bornemann. Er spielt auf die auch im Europavergleich hervorragenden Quoten etwa der ZIB2 an. Ähnlich die Wien-Korrespondentin der "Süddeutschen Zeitung", Cathrin Kahlweit: "Diesem Land würde es ungeheuer gut anstehen, ein solches Spezifikum zu haben und zu behalten. Man kann sich ein solches Format leisten, man muss es sich sogar leisten", findet Kahlweit.

TV-Studio eine Anklagebank?

Verschärft hat die Debatte zuletzt ORF-Online-Chef Thomas Prantner mit einem Interview im "profil", in dem er - bezogen auf die ZIB2 - das TV-Studio mit einem Verhörraum und einer Anklagebank vergleicht. Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser bescheinigt der Geschäftsführung Führungsschwäche, weil die Strukturreform so lange braucht und öffentlich zerredet werde. "Allein der Anschein, dass parteipolitisch gewünschte Kandidaten in solche wichtigen Positionen kommen, fügt dem ORF, seinem Ansehen und seiner Unabhängigkeit bereits Schaden zu" - das ist das Resümee von Redakteurssprecher Bornemann.

"Gespräche mit der Politik wichtig"

Wird die Fernsehinformation also an die Kandare genommen? Nein, das sei weder das Ziel und noch funktioniere das, sagt ORF-Chef Alexander Wrabetz. "Es wird immer wieder so getan, als hätten wir lauter Journalistinnen und Journalisten, die auf nichts anderes warten, als sich dann gleich von irgendjemandem in eine bestimmte Richtung leiten zu lassen. Das ist nicht so."

Große Freiheit bisher unter Wrabetz

Wer eine Redaktion wie führt, ist dennoch wichtig. Es gibt die berühmte Schere im Kopf, die die journalistische Freiheit ganz automatisch einengt. Der ORF hat schon viele solche Zeiten erlebt. In der Ära Wrabetz war das bisher anders, und so soll es auch bleiben, sagt der Generaldirektor. Auf eines weist Wrabetz aber schon hin – er müsse mit der Politik reden können: "Das erfordert natürlich auch eine Gesprächsbasis mit der Politik. Was nicht heißt, dass man einem Druck nachgibt."

Armin Wolf

Armin Wolf

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"Medienerfolg heißt Wahlerfolg"

Diese Gespräche mit der Politik sind natürlich keine Kaffeekränzchen, wie der Medienwissenschaftler Matthias Karmasin weiß. Dass es "externe Unzufriedenheiten" gibt, bestätigt selbst ORF-Chef Wrabetz. Und Karmasin sagt: "In der Mediendemokratie ist es für Politiker enorm wichtig, die Möglichkeiten und Bedingungen der eigenen medialen Darstellung auch in irgendeiner Form zu kontrollieren. Medienerfolg entscheidet letztlich über Wahlerfolg."

Und dass beileibe nicht alles so bleiben muss, wie es immer war, das bekräftigte der ORF-Chef, indem er ein pikantes vertrauliches Detail preisgibt: Armin Wolf, so Wrabetz, habe ihm für eine größere Info-Show auf ORF1 abgesagt. Würde Wolf nicht mehr ZIB2 machen und die Sendung an Schärfe verlieren, hätte Wrabetz also auch nichts dagegen.

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