ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Zeit-Ton Porträt
Christopher Chaplin im Zeit-Ton-Porträt und live im ORF RadioKulturhaus
Selten hat ein Debüt-Album derart beeindruckt: "Je suis le Ténébreux" von Christopher Chaplin vereint experimentelle Elektronik mit kammermusikalischen und Neue-Musik-Ansätzen. Ein "Zeit-Ton"-Porträt von Heinrich Deisl.
11. Juni 2017, 02:00
In den 1980er Jahren zog Chaplin von der Schweiz nach London und realisierte Kompositionsaufträge für Bühnenstücke sowie Musik für Streichquartette und Orchester. Doch dann kehrte er der Musik den Rücken und war als Schauspieler in Filmen wie "Labyrinth" (1991), "Total Eclipse2 (1995) oder Peter Patzaks "Gavre Princip" (1990) zu sehen.
Begegnung mit Hans-Joachim Roedelius
2009 kam es schließlich durch die Initiative des Wiener Labels Fabrique Records zur Zusammenarbeit mit Thomas Pötz aka Kava, das Resultat war "Seven Echoes". Bei der Präsentation dieser Konzeptplatte im Art Brut Museum in Gugging traf Chaplin auf Hans-Joachim Roedelius, der ihn zu einer Session für die BBC einlud. Diese Stücke kamen 2012 als "King of Hearts" heraus. Dem ersten gemeinsamen Auftritt beim Festival More Ohr Less in Lunz am See folgten zahlreiche weitere Konzerte, etwa in Paris, São Paulo, dem Extreme Chill Festival in Island und der Berliner Akademie der Künste.
Den aktuellen Höhepunkt in Chaplins Schaffen stellt nun "Je suis le Ténébreux" dar, das Ende 2016 auf Fabrique Records erschienen ist.
Klangliche Irrgärten
Die "Aelia Laelia Crispis", das "Rätsel von Bologna", ist eine lateinische Marmorinschrift an einer Kirche in Bologna, über die seit dem 16. Jahrhundert spekuliert wird. Dieser mysteriöse Text, der schon von dem Alchemisten Michael Maier gedeutet und von Sir Walter Scott und C. G. Jung literarisch verarbeitet wurde, bildet die thematische Grundlage der Platte. Das Titelstück nimmt Anleihen an das gleichnamige Gedicht von Gérard de Nerval.
FABRIQUE RECORDS
Im "Zeit-Ton"-Interview erzählt Chaplin, dass er mit digitaler Soundgenerierung seine noch aus Zeiten seines Klavier- und Kompositionsstudiums stammenden Überlegungen realisieren kann. Für das Album sei ihm wichtig gewesen, mit Stimmen zu arbeiten. Weshalb Narrationen und Gesang von Hans-Joachim und Martha Roedelius, Claudia Schumann, Judith Chemla und Pino Costalunga prominent vertreten sind.
"Je suis le Ténébreux" ist eigenwillige und detailreiche Musik, ein Soundtrack der verschlungenen Pfade durch das (Un-)Bewusste, oder, wie Chaplin es ausdrückt, durch Traumwelten.
Live-Stream aus dem ORF RadioKulturhaus
Am Freitag, 12. Mai, feiert Fabrique Records mit einer Label-Night im RadioKulturhaus sein 15-jähriges Jubiläum. Neben Konzerten der Fabrique-Acts Jana Irmert, Loretta Who, Boz Boorer und Lovecat wird Christopher Chaplin "Je suis le Ténébreux" als Solo-Uraufführung präsentieren.Außerdem wird an diesem Abend "Deconstructed - Remix EP" vorgestellt. Darauf bearbeiten Tim Story, Jana Irmert und Peter Zirbs Stücke aus Chaplins Album.
Text: Heinrich Deisl
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