Romeo Castellucci

AFP/ROMAIN LAFABREGUE

Democracy in America

Festwochen: Castellucci über US-Demokratie

Vor drei Jahren hat der italienische Regisseur Romeo Castellucci den Wiener Festwochen einen großen Erfolg beschert. Mit Glucks "Orpheus und Eurydike", gefiltert durch Videobilder eine Wachkomapatientin, konnte er Kritik und Publikum begeistern. Nun ist der gelernte Bildende Künstler und Theatervisionär zurück bei den Festwochen. Heute Abend hat sein neuestes Werk "Democracy in America" im Wiener Volkstheater Premiere. Wer sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Trump-Amerika erwartet, wird enttäuscht sein.

Mittagsjournal, 23.5.2017

Starke Bilder

Bilder wie aus Wach und Fieberträumen bei den Festwochen: In "Democracy in America" geht es um Assoziationen zum Thema der Gründung der Vereinigten Staaten: Puritanische Siedler treten da ebenso auf wie Indianer, die am Ende des Stücks ihre Häute den Fliegen zum Fraß opfern. Ein starkes Bild, viele starke Bilder des italienischen Theatermachers Romeo Castellucci.

Am Sonntag hat er an der Bayerischen Staatsoper Wagners "Tannhäuser" zur Premiere gebracht und wurde vom Publikum ausgebuht. Das ist der Regisseur gewohnt, der seit dreißig Jahren immer wieder Meilensteine in der Theater und Operngeschichte gesetzt hat. Nun also Amerika, seine Demokratie sei auf einem alttestamentarischen, religiösen Fundament gegründet, so Castellucci.

Stilmix

Gefangenenchöre, Zitate von klassischer Antike und Barocktänze mischen sich mit den Evokationen der Schlachten und Deklarationen, die zu den heutigen USA geführt haben. Siedler und Indianer stehen sich gegenüber. Romeo Catsellucci stellt den Begriff der Demokratie, wie sie seit der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika, aber auch bei uns praktiziert wird, in Frage. "Was meinen wir überhaupt, wenn wir 'Volk' sagen, und wer gehört dazu, wer nicht?"

Es gehe um die Schwierigkeiten, die wir heute alle mit dem Wort Demokratie haben, sagt Romeo Castellucci. Das Publikum erfährt aber in dem knapp zweistündigen Abend keine Antworten, es gibt keinen roten Faden, den kann man vielleicht nach der sehr anspruchsvollen, minimalistisch-bildhaften Aufführung nur selbst zu spinnen beginnen. Wieder ein Abend der Festwochen, der den Zuschauer auf sich selbst zurückwirft und doch: Wer sich darauf einlässt, wird viele Fragen stellen.