Wonder Woman, Gal Gadot mit Lasso

WARNER BROS. PICTURES

Film

Wie kann das passieren? Movie Mistakes 2017

Wenn in einem Spielfilm Ungereimtheiten auftreten, die es gar nicht auf die Leinwand hätten schaffen sollen, dann ist das meistens der Unachtsamkeit von Regie, Skriptgirl und Cutter geschuldet. Das Aufspüren solcher Pannen ist seit jeher ein beliebter Sport mancher Kinogänger.

Kulturjournal, 23.6.2017

Judith Hoffmann

Das verflixt verschlungene Lasso

Haben Sie "Wonder Woman" schon gesehen? Falls ja, erinnern Sie sich sicher an das magische Lasso, mit dem die Amazonen den Eindringling Steve Trevor zum Reden bringen. Aber ist Ihnen auch aufgefallen, dass die Enden des Seils einmal überkreuzt und einmal parallel um seinen Körper geschlungen sind, je nachdem, ob er von vorne oder von hinten zu sehen ist?

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Nein? Dann gehören Sie also (noch?) nicht zur eingeschworenen Gemeinschaft der Filmfehlerspürnasen. Kaum startet ein Streifen in den Kinos, rücken sie auf den Plan. Kein Anschlussfehler, kein filmisches Missgeschick bleibt ihnen verborgen.

Ist doch Rock wie Hose

Zum Beispiel, wenn im Musicalfilm "La La Land" die Protagonistin Mia in schwarzer Hose und mit gelber Tasche das Café betritt, in dem sie arbeitet, beim Hinausgehen aber einen blauen Rock und eine rote Tasche trägt. Ach ja, und wenn Sie noch einmal genau hinschauen, erkennen Sie sicher das blaue Fahrrad, das links neben dem Eingang parkt, während in der darauffolgenden Einstellung der Besitzer erst damit angeradelt kommt.

Solche Anschlussfehler lassen die Herzen mancher Zuschauer höher schlagen. Längst haben sie im Internet Gleichgesinnte gefunden, mit denen sie gemeinsam Mängel auflisten und darüber lästern können, zum Beispiel auf YouTube oder auf der Plattform moviemistakes.com. Neben den genannten Kleidungsstücken und Frisuren, werden dort vor allem Requisiten angeprangert, die gar nicht in die Zeit des Films passen, weil damals noch nicht erfunden.

Da ist die berühmte Armbanduhr in "Ben Hur". Oder ein Reißverschluss, den Steve Trevor in "Wonder Woman" im Jahr 1918 behände zuzieht, als hätte er Zeit seines Lebens nichts anderes getan. "Falsch!", wissen Filmfehlerfreaks: Der Zipp wurde nämlich erst 1925 erfunden.

Manege frei für die Crew

Aber auch Versatzstücke, die unaufgefordert ins Bild rücken, erheitern die Gemüter. Vorzugsweise Kameras samt zugehörigem Team. Sie spiegeln sich in Windschutzscheiben, Fenstern und Sonnenbrillen, oder sind gleich direkt im Bild - wie in Ridley Scotts "Gladiator". Da steht die Crew in Jeans und T-Shirts zwischen den tobenden Zuschauern in der Arena wie bestellt und nicht abgeholt, während Russell Crowe als Maximus in die Menge brüllt: "Are you not entertained?" Doch, doch, sind wir. Sehr sogar.

Antike Gasflasche im alten Rom

Und wenn wir schon bei Gladiator sind: Immer noch unter den Top Ten der beliebtesten Filmfehler: eine Gasflasche, die versteckt in einem der Streitwagen, für den aufgewirbelten Staub in der Arena sorgt, und als dieser umfällt, unbarmherzig zum Vorschein kommt.

Wenn die Not zur Tugend wird

Nicht unerwähnt bleiben darf hier natürlich der tollpatschige Stormtrooper in "Star Wars", der sich in Eposide IV den Kopf anschlägt. George Lucas allerdings nahm das Missgeschick sportlich, verstärkte den Schlag auf den Kopf kurzerhand mit einem akustischen Effekt und machte die Szene zum Running Gag auch in folgenden Episoden.

Der Regisseur tritt damit in die Fußstapfen eines anderen Großen des Films: Jean-Luc Godard schrieb mit "Außer Atem" 1960 Filmgeschichte. Er verzichtete auf Studioaufnahmen und künstliches Licht, drehte im Freien und hatte am Ende einen zweieinhalbstündigen Streifen - 60 Minuten zu lang in den Augen des Produzenten. Godard ging die Sache mathematisch an, schnitt aus jeder Einstellung ein paar Sekunden heraus und warf so eine wichtige Schnittregel über den Haufen: Er machte Jump Cuts, also irritierende rhythmische Bild- und Zeitsprünge, vom Missgeschick zum ästhetischen Stilmittel.

Die Lust am Nachzählen, -rechnen und -messen

Wenn aber das vermeintlich Falsche und Unausgegorene plötzlich zur großen Kunst erhoben wird, was dann? Dann ziehen die Filmfehlersuchtrupps nicht etwa demütig die Häupter ein, sondern verlagern sich einfach auf eine andere Fehlerkategorie: handfeste logische Inkonsequenzen. Da werden Handynummern abgetippt, Zeitabstände zwischen zwei Ereignissen im Film nachgerechnet oder Daten überprüft, um dann zum Schluss zu kommen: Forrest Gumps Freundin Jenny starb gar nicht an einem Samstagmorgen! Der 22. März 1982 war nämlich ein Montag.

Ist das Glas halbvoll oder halbleer?

Man ist fast geneigt zu fragen, woher manche Menschen die viele Energie und Akribie nehmen, mit der sie jede noch so kleine Unzulänglichkeit aufspüren, aber da ertappt man sich bereits selbst dabei, wie man vor lauter Konzentration auf einen Requisitenfehler ganz auf den Film rundherum vergisst.

So geschehen in Ralf Westhoffs Film "Der letzte schöne Herbsttag": Stundenlang wälzen die Protagonisten dort ihre Beziehungsprobleme mit leidtragenden besten Freunden, während der Alkohol in Strömen fließt. Oder fließen sollte. Denn um zu zeigen, dass die beiden Männer schon ein Weilchen am Tresen lehnen, ihre Bierkrüge also schon halb leer sind, hat sie der Requisiteur einfach nur halb gefüllt. Da stehen sie also und reden und trinken aus Gläsern, deren obere Hälfte völlig makellos ist, ohne Schaum- und Trinkspuren, wie frisch aus dem Gläserspüler. Und plötzlich wird der gesamte Inhalt des Films zur Nebensache, weil die Aufmerksamkeit einfach nicht von diesen Gläsern abrücken kann. Schade ... die Dialoge waren nämlich gut. Angeblich.

Sie müssen nur die Perspektive wechseln

Aber schließlich, gleichsam als moralischen Ausgleich, gibt es da noch eine Reihe charmanter, höchst vergnüglicher Missgeschicke. Frühes Beispiel gefällig? Gern: Hitchcocks "North by Northwest", im Mount Rushmore Café. Kurz nachdem Carry Grant den legendären Satz sagt: "I don’t deduce, I observe", richtet Eva Marie Saint ihre Pistole auf ihn.

Wenn Sie wieder einmal Gelegenheit haben, die eleganteste Schussszene der Filmgeschichte anzuschauen, dann versuchen Sie, den Blick nicht an der Protagonistin hängen zu lassen, sondern schweifen Sie ein wenig ab, etwas rechts von ihr, ja genau, da - da sitzt ein kleiner Bub mit seinen Eltern an einem Tisch und steckt sich mitten in der Szene wie auf Stichwort seine Zeigefinger in die Ohren und zieht den Kopf ein, weil er schon weiß, dass gleich ein paar ohrenbetäubende Schüsse folgen.

Na, Lust bekommen? Dann ab ins Kino - und ein kleiner Tipp: Blockbuster geben für gewöhnlich vergnüglichere Fundstücke ab als Arthouse-Produktionen.

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