Applepark

APA/AFP/Josh Edelson

Diagonal

Im Tal der Datenschürfer

Das Silicon Valley im Diagonal-Stadtporträt.

Boomtown, Sehnsuchtsort, Hafen für Gestrandete. Die Westcoast-Metropole San Francisco übte immer schon eine besondere Sogwirkung auf Menschen aus aller Welt aus. Zuerst kamen die Goldgräber, dann die Beatniks, später die Hippies. Das Gold des 21. Jahrhundert ist kein Edelmetall, sondern Silizium, ein Material, das man für die Erzeugung von Computerchips braucht. In den 1970er Jahre erfand ein Journalist den Begriff "Silicon Valley" für das Tal südlich von San Francisco, in dem heute die großen IT-Riesen Google, Apple und Facebook ihre Unternehmenszentralen haben.


Sie sind weiß, wuchtig und haben getönte Scheiben. Zweistöckige Busse so elegant wie eine Limousine. Ausgestattet mit WLAN, bestens klimatisiert und weich gepolstert. Sie pendeln jeden Tag zwischen San Francisco und dem südlich gelegenen Silicon Valley: nach Mountain View, nach Palo Alto, nach Menlo Park. Man nennt sie Google Buses, obwohl längst nicht alle Google Buses dem Internetriesen Google gehören. Google Buses, das sind private Shuttle-Busse, die für die Mitarbeiter der IT-Branche eingerichtet worden sind. Denn viele, vor allem junge Menschen, die bei Google, Facebook, Apple und anderen IT-Giganten arbeiten, pendeln täglich von San Francisco ins Silicon Valley. Der private Shuttledienst, der sie bequem in die Zentralen der weltgrößten IT-Unternehmen kutschiert, ist in San Francisco zum Symbol der Arroganz geworden, mit der sich die Tech Industries der Stadt bemächtigt.

Google Bus-Stop Mountain View

Google Bus-Stop

ORF/PETER WALDENBERGER

Aus aller Welt zieht es hochqualifizierte IT-Experten ins Silicon Valley. Sie sind jung, mit den digitalen Medien aufgewachsen und sie pflegen einen urbanen Lebensstil. Im Silicon Valley finden sie diesen nicht. Denn das Silicon Valley, in Europa Synonym für einen mythenumrankten, ja fast entrückten Ort zukünftiger Innovationen, ist eine gesichtslose Vorstadtlandschaft, eine ausgedehnte Agglomeration von Wohngebieten. Dazwischen befinden sich die von privaten Sicherheitsdiensten bewachten Zentralen der weltgrößten IT-Unternehmen und der Campus der Eliteuniversität Stanford.

Steve Jobs' Elternhaus

Steve Jobs' Elternhaus

AP/JEFF CHIU

Wer ins Silicon Valley kommt, hofft darauf, mit einer genialen Geschäftsidee, der Entwicklung einer App über Nacht zum Millionär zu werden. So wie einst Apple-Gründer Steve Jobs. Er wird hier ohnehin wie ein Säulenheiliger verehrt. Steve Jobs Elternhaus in der Nähe der Gemeinde Los Altos ist heute eine Attraktion für Apple-Fans aus aller Welt. Hier, genauer in der Garage des elterlichen Hauses, gründete der 21-jährige Steve Jobs gemeinsam mit Steve Wozniak 1976 "Apple Computers". Jobs Aufstieg vom halbwüchsigen Computergeek zum Posterboy des Informationszeitalters ist bis heute die Blaupause des Erfolgs, von der viele, die ins Silicon Valley kommen, träumen. Der US-amerikanische Fotokünstler Alec Soth hat die oft unspektakulären Topographien des Silicon Valley fotografisch abgetastet. Er hat auf den Firmengeländen von Google und Facebook fotografiert und jene Stätten aufgesucht, die zum Mythos Silicon Valley gehören. "Ein zentrales Bild, mit dem ich begonnen habe, war Steve Jobs berühmte Garage. Diese Garagen, in denen viele Unternehmen begonnen haben, sind Pilgerstätten des Silicon Valley", sagt Alec Soth. "Für mich war das eine Übung, etwas physisch nicht Vorhandenes auf ein Bild zu bannen. Man sieht einfach nur eine geschlossene Garagentüre. Man muss sich vorstellen, was drinnen passiert ist. Ähnlich wie bei einem Computer, auch bei einem Computer laufen im Hintergrund Programme, die man nicht sieht. Man nähert sich dem Unsichtbaren, fotografiert gewissermaßen die Abwesenheit."

Text: Christine Scheucher