Teodor Currentzis

Anton Zavjyalov

"Spiritualität ist das Wichtigste"

Teodor Currentzis im Gespräch

Der exzentrische griechische Dirigent Teodor Currentzis hat am Sonntag bei den Salzburger Festspielen debütiert. Nach seiner schwungvollen Interpretation von Mozarts Requiem gab es für ihn und sein Orchester MusicAeterna stehende Ovationen. Am Donnerstag dirigiert er die Eröffnungsoper "La clemenza di Tito" (Regie: Peter Sellars). Ö1 sprach mit Currentzis über den "Sound von Mozart", Spiritualität in der Musik und "La clemenca di Tito".

Kulturjournal, 24.7.2017

Eva Halus

Schon alleine durch sein Auftreten mischt Teodor Currentzis das Bild der Festspiele auf: Mit Skinny-Jeans, mitunter goldbehangener Weste und Undercut-Frisur ist er definitiv der optische Rockstar unter den Dirigenten - auf dem Pult tanzend, ohne Dirigentenstab, dafür mit vollem Körpereinsatz. Und er ist einer der meist gefeierten seiner Zunft - provokant, exzentrisch, kompromisslos und besessen von der Musik.

Mit seinem Orchester MusicAeterna revolutioniert der 45-jährige Grieche die Klassikwelt und das tut er von Sibirien aus: In Perm am Ural-Gebirge, über 1.000 Kilometer östlich von Moskau hat er so etwas wie ein Klassiklabor unserer Tage erschaffen, ein klosterähnliches Refugium, in das mittlerweile die Größen der Musikwelt pilgern. Es ist eine Mischung aus Exotik und detailversessenem Arbeiten, manischer Konzentration auf die Musik und bohemienhaftem Gestus, die Currentzis und seine Deutungen so besonders macht.

Auszüge aus dem Gespräch

Ö1: Sie dirigieren außer der Oper noch drei Konzerte im Zyklus Ouverture spirituelle. Wie wichtig ist für Sie der spirituelle Charakter der Musik?

Teodor Currentzis: Spiritualität ist das Wichtigste überhaupt. Ohne Spiritualität bleibt Musik bloßer Klang. Auch Verkehrslärm ist irgendwie Klang. Spiritualität ist das Abc der Kunst. Unser Job ist, das Tor zu öffnen, und wie ein Architekt eine Stadt der Spiritualität zu schaffen.

Sie haben einmal gesagt, es ginge darum, einen Sound von Mozart zu entwickeln.

T.C.: Ja. Für jeden Komponisten gibt es einen speziellen Klang, und Mozart ist ja wohl der führende klassische Komponist, dem man sich auf die verschiedensten Arten annähern muss. Der Klang jedes einzelnen Stückes verlangt eine andere Annäherung. Das sieht man schon an den unterschiedlichen Instrumentierungen, die er für seine Stücke verwendet hat. Ein Orchesterkonzert hat er anders instrumentiert als ein Drama giocoso. Für jedes seiner Stücke benötigte er ein anderes Umfeld. Die Palette wird dadurch enorm und riesig.

Was ist Ihnen wichtig bei "La clemenza di Tito"?

T.C.: Ich glaub, dass "La clemenza di Tito" das Stück ist, das intellektuell noch am Wenigsten bekannt ist. Mozart hat die Oper binnen kürzester Zeit komponiert. Er musste sie für die Krönung von Leopold II. schreiben. Und er hatte keine große Wahl, was da zu komponieren war. Aber auch in der Geschwindigkeit und in der Begrenztheit der thematischen Möglichkeiten hat er einen Weg gefunden, über die sogenannten wichtigen Dinge zu sprechen. Für mich müsste der Titel nicht "La clemenza di Tito", sondern "La clemenza di Mozart" heißen.

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