Sven Regeners Roman "Wiener Straße"

2. Oktober 2017, 02:00

Alles ein bisschen anders

Ein neuer Sven-Regener-Roman hat durchaus Parallelen zu einem neuen Element-of-Crime-Song: vertraute Atmosphäre und bekanntes Setting, aber alles doch ein bisschen anders.

Der Titel "Wiener Straße" bezieht sich auf jene Berliner Adresse, an der das Café Einfall steht, das man schon aus Regeners Lehmann-Romanen kennt. Der neue Roman spielt wieder in Berlin, wieder in den 1980er Jahren - chronologisch vor "Herr Lehmann" und schließt direkt an Regeners "Der kleine Bruder" an. "Das Ende vom 'Kleinen Bruder' hat mich zu diesem Roman inspiriert. Ich bin ja nicht besessen von diesen Figuren, aber diese sitcom-artige Situation hat mich einfach gereizt," so der Autor.

Perspektivenwechsel

Sven Regener verabschiedet sich in "Wiener Straße" vom personalen Erzählstil der bisherigen Bücher und wechselt permanent die Perspektive zwischen den Figuren. Von Frank Lehmann zum Kneipenbesitzer Erwin mit seiner schwangeren Frau, dessen Nichte und den beiden Künstlern Karl Schmidt und H.R., zwischen Baumarkt und Grabgabeln, einem Schwangerschaftssimulator und besetzten Häusern. Die Einschätzung einer Situation wird so jedes Mal aufs Neue zum Spielball des Autors, zugespitzt und variiert mit jedem Perspektivenwechsel.

Aufbruchsstimmung der 80er Jahre

"Wiener Straße" ist in kurze, temporeich geschriebene Kapitel und Szenen gegliedert. Dabei geht es weniger um die Entwicklung der Figuren, als um die Leidenschaft oder Leidenschaftslosigkeit mit der sie etwas tun. Ihr Alltag wird dann noch einmal in der Kunst gespiegelt. Denn wie ein roter Faden ziehen sich die Fragen Was ist Kunst? und Wie wird Kunst präsentiert? durch diesen Roman. Es habe damals eine Aufbruchsstimmung gegeben, die ihn immer wieder in das Berlin der 80er Jahre zurückziehe, so Regener.

Österreichische Künstler-WG & ein neuer Film

In diese Aufbruchsstimmung setzt Regener eine Wohngemeinschaft, bestehend aus österreichischen Aktionskünstlern hinein, und dazu einen Wiener Kulturredakteur, der als fester freier Mitarbeiter für das Fernsehen aus besetzten Häusern und Künstler WGs berichtet.

Bereits diese Woche startet in den heimischen Kinos die Verfilmung des gleichnamigen Sven-Regener-Romans "Magical Mistery". Da taucht sich Karl Schmidt, der auch in "Wiener Straße" mit dabei ist, durch die Technoszene der 90er Jahre. Quasi der Beweis, dass Regeners Figuren auch in einem anderen zeitlichen Kontext funktionieren.