APA/ROLAND SCHLAGER
Vielfalt an Geschichten
Weltmuseum Wien Reloaded
In einem aufregend neuen Gesicht zeigt sich das Weltmuseum Wien. Und das, obwohl es mit einer langen Schließung und einem sehr schmerzhaften Flächenverlust ans Haus der Geschichte fertig werden musste.
24. November 2017, 02:00
Mittagsjournal | 24 10 2017
Wolfgang Popp
Wandernde Objekte
Mit dem ersten Schritt in die Schausammlung des Weltmuseum Wien wird klar. Hier weht ein frischer Wind, der alle antiquierten Vorstellungen fortbläst, die man lange Zeit mit einem Völkerkundemuseum in Verbindung gebracht hat. Die einzelnen Säle sind nicht verschiedenen Weltgegenden zugeordnet, sondern gesellschaftsrelevanten Themen und mitgedacht sind immer auch, die oft nicht unproblematischen Wege, auf denen manche Objekte ins Museum gekommen sind, so Direktor Steven Engelsman: "Das Schönste, was wir jetzt erzählen können, ist doch, wie die Sammlungen nach Wien gekommen sind. Denn da eröffnet sich eine Geschichte von zweihundert Jahren wahnsinnig interessanter Beziehungen zwischen Österreich und der weiten Welt."
Kulturjournal | 24 10 2017 | Interview
Direktor Steven Engelsman über Perspektiven, Selbstständigkeit und Andre Hellers Geschenk zur Eröffnung.
Wolfgang Popp
Nachweise fürs Paradies
Jeder Kurator konnte aus seiner Sammlung heraus eine Geschichte entwickeln. Das sorgt für eine spannende Vielstimmigkeit. Ein Raum wird da zur Abenteuererzählung, ein anderer zur Kunstinstallation. So gibt es etwa einen Saal zur Brasilien-Expedition Johann Natterers und einen anderen zur Batikkunst Indonesiens. Und einen dritten, in dem die skurrile Geschichte der Wiener Schule der Völkerkunde rund um den katholischen Pater Wilhelm Schmidt geschildert wird.
Der saß in der Zwischenkriegszeit in Wien und suchte bei archaischen Jäger- und Sammlervölkern nach Indizien danach, dass die Menschheit ihren Ursprung im Paradies hat. Steven Engelsman: "Dieses Interesse der Wiener Schule, das zu beweisen und damit einen Punkt zu setzen im Kulturkampf zwischen den Schwarzen und den Roten hier in Wien, das ist der wirkliche Grund, dass diese Sammlungen hier sind."
Zurück in die Selbständigkeit
Bereits 2001 wurde das damalige Völkerkundemuseum dem Kunsthistorischen Museum unterstellt, was dem Haus nicht die erhofften synergetischen Vorteile brachte. Kein Wunder, dass in dem von Bundesminister Drozda in Auftrag gegebenen und kürzlich erschienenen Weißbuch Bundesmuseen, die Empfehlung gegeben wird, die Selbständigkeit des Weltmuseums neu zu diskutieren.
Direktor Steven Engelsman: "Mit großem Interesse habe ich das gelesen, dass da diese Punkte auf einmal wieder thematisiert wurden. Prinzipiell befürworte ich eher kleinere Museumsorganisationen als größere und fand es deshalb einen sehr interessanten Denkansatz. Anhand dessen, was mir aus der Bundesmuseen-Direktorenkonferenz, bei der wir ja nicht dabei sind, berichtet wurde, hatte ich nicht das Gefühl, dass es sich da wirklich um ein Thema handelt, das besprochen und angedacht wird."
Heller-Show zur Eröffnung
Die Wiedereröffnung des Weltmuseums wird morgen Abend mit einer Bühnenshow unter der künstlerischen Leitung von André Heller gefeiert. Der hat, eingefädelt von einem Mitarbeiter des Hauses, seine Mitarbeit ganz spontan zugesagt. Steven Engelsman: "Da habe ich mich anfangs gefürchtet, weil ich mir gedacht habe, das können wir ja niemals bezahlen, aber mein Mitarbeiter hat mich gleich beruhigt, dass André Heller das neue Weltmuseum so gut gefällt, dass er uns seine Arbeit zur Wiedereröffnung des Hauses schenkt."
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Neues Jahr, neuer Chef
Direktor Steven Engelsman hat seinen Vertrag übrigens nicht verlängert und wird das Haus mit Jahresende verlassen. Sein Nachfolger wird der bisherige Vizedirektor des Hauses Christian Schicklgruber.
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- Wolfgang Popp