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APA/GEORG HOCHMUTH

Reformwünsche

Private vor: Für den ORF wird es enger

Klotzen, nicht mehr kleckern: Nach diesem Motto könnte die Medienförderung unter einer neuen schwarz-blauen Regierung umgekrempelt werden, wenn es nach den privaten Medien ginge. Rundfunk-Gebühr, Presseförderung und politische Werbung sollten in einen Topf geworfen werden. Da wäre dann eine knappe Milliarde Euro drin - zum Neuverteilen für alle, die "gutes Programm" machen.

Ernst Swoboda, Kronehit-Chef und Vorsitzender des Verbands der Österreichischen Privatsender VÖP hätte gern, dass der ORF ein geringeres Fixum bekommt. Vom Rest kriegt jeder was, der gutes Programm macht: "Der ORF bekommt 500 Millionen auf jeden Fall, dann gibt es einen Topf 200-300 Millionen für Public Value, da bewirbt sich ORF, Puls4, ATV & Co", sagt Swoboda. 500 Millionen Euro fix für den ORF, das wären rund 100 Millionen weniger, als der ORF derzeit aus der Rundfunkgebühr bekommt.

Mehr Wettbewerb um die Gebühren

Die Privatsender erhalten derzeit schon Subventionen aus Mitteln der Rundfunkgebühr, bei Puls4 und ATV, die beide zum deutschen Medienkonzern ProSieben/Sat1 gehören, sind es jeweils rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Sie wollen also deutlich mehr als bisher.

Weichenstellung Nationalratswahl

Dafür nennen die Privaten auch Gründe: Die Wahlberichterstattung habe gezeigt, dass man Qualität liefere, Konfrontationen und Diskussionsrunden auf Puls4 und ATV hätten Reichweitenrekorde erzielt. Das sei eine Weichenstellung gewesen, sagt Swoboda. Auch Puls4-Senderchef Markus Breitenecker will, dass alle Medienförderungen neu verteilt werden. ORF und Privatsender könnten auch punktuell zusammenarbeiten.

Public Private Partnerships

"Warum zum Beispiel nicht in Public Private Partnerships gemeinsam Public Value Inhalte herstellen. ORF und Puls4 könnten doch gemeinsam eine Sendung entwickeln." Dass Privatsender dadurch mehr Geld bekommen, fordert Breitenecker nicht direkt. Seit Jahren kritisiert Breitenecker freilich, dass der ORF mit Gebührengeldern etwa amerikanische Serien auf ORF eins finanziert. Das bringt dem ORF Zuseher in der wichtigen jüngeren Zielgruppe und Werbeeinnahmen, hier sehen sich die Privatsender im Wettbewerbsnachteil.

Auch Zeitungen wollen Gebührengeld

Ähnlich die Zeitungen: Der "Kurier" zum Beispiel definiert sich längst nicht mehr als Zeitung, sondern als Medienhaus, sagt Chefredakteur Helmut Brandstätter. Mit der Übernahme des Regionalsenders Schau-TV im Sommer ist der Kurier ins Fernsehgeschäft eingestiegen. Der Bonus dabei: Videos machen sich auch gut im Netz. Brandstätter stößt daher ins selbe Horn wie die Kollegen vom Privatfernsehen. Die Medienförderung solle neu verteilt werden - eine Position die auch der Verband Österreichischer Zeitungen VÖZ schon länger vertritt: "Alle, die in Österreich ein Qualitätsprogramm machen, sollen an den Gebühren beteiligt werden."

5 Korrespondenten für 1 Million

Und Brandstätter hat auch schon konkrete Vorstellungen. Hätte der Kurier eine Million Euro mehr, dann könnte er fünf neue Korrespondenten finanzieren. Im gleichen Atemzug verlangt Brandstätter einen Wandel in der Inseratenpolitik: Politiker sollen sich Meinung in Zeitungen nicht kaufen können. Wer Förderung bekommen will, solle sich an journalistische Qualitätsstandards halten und Mitarbeiter nach dem Journalisten-Kollektivvertrag bezahlen - Gratisblätter, die Noch-Medienminister Thomas Drozda von der SPÖ in die Förderung einbeziehen wollte, hätten es dann schwer. Brandstätter spricht von einer Zäsur und sagt, Sebastian Kurz solle daran zeigen, dass er wirklich neu regiere.

Die Verknüpfung des öffentlich-rechtlichen Auftrags mit Reichweite, wie es ÖVP und FPÖ planen, deckt sich jedenfalls weitgehend mit den Vorstellungen der Privaten. Dass es da konkrete Signale gegeben haben könnte, das stellen Breitenecker & Co. in Abrede - obwohl sie bekanntermaßen gute Drähte speziell zur ÖVP haben. Wem wird Geld gegeben, wem genommen - das ist alles auch eine Frage von Macht.

Der Kampf ums Internet

Ein wichtiges Match läuft im Internet, hier erreicht man immer mehr Menschen, hier lässt sich immer mehr Geld mit Werbung verdienen. Der ORF mit seinen frei abrufbaren Online-Angeboten ist den Zeitungen und Sendern seit jeher ein Dorn im Auge. Daher haben sie Einschränkungen für den ORF im Internet herausverhandelt, wie zum Beispiel die Regelung, dass Radio- und Fernsehbeiträge nur sieben Tage im Netz abrufbar sein dürfen.

Vielfalt ist nicht gleich Qualität

Für jede Änderung, die dem ORF im Netz mehr erlaubt, werden die Privaten die Hand aufhalten. Leonhard Dobusch, Universitätsprofessor in Innsbruck und Mitglied im ZDF-Fernsehrat - der dem ORF-Publikumsrat entspricht - warnt. Je weniger der ORF online dürfe, desto schwächer werde der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Das Argument, dass es im Netz ohnehin schon so viele Angebote gäbe, zähle nicht, denn Vielfalt bedeute nicht automatisch Qualität: "Gerade im Internetzeitalter sind öffentlich-rechtliche Angebote wichtig, wenn nicht sogar wichtiger."

Online-Werbeeinschränkungen im Abtausch gegen mehr Rechte im Netz, das wäre doch was, meint Dobusch. Die Politik kann hier Signale setzen: Welchen Stellenwert der ORF künftig haben wird, wird sich auch daran zeigen, was er im Internet darf. Oder eben nicht darf.

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