NACHLASS KURT KOCHERSCHEIDT
Ausstellung
Kurt Kocherscheidt in Wiener Galerie
Gemeinsam mit Martha Jungwirth und Peter Pongratz gründete der österreichische Maler Kurt Kocherscheidt 1968 die Künstlergruppe "Wirklichkeiten", die einen sozialkritischen Realismus propagierte und unschwer als Statement gegen die Dogmen der abstrakten Nachkriegsmoderne zu verstehen ist. Doch auch wenn der Gruppenname auf ein Gemälde des Künstlers zurückgeht, war er Zeit seines Lebens eher ein Einzelgänger. Die Galerie W&K widmet Kocherscheidt nun eine Ausstellung von fast musealem Ausmaß.
22. Dezember 2017, 02:00
Kulturjournal | 21 11 2017
Schicht für Schicht
Abstrakte Formen, amorphe Gebilde, pastös aufgetragenen Farbschichten. Sie prägen das Spätwerk des österreichischen Malers Kurt Kocherscheidt (1943-1992), der sich in den 1980er und frühen 1990er Jahren immer mehr von konkreten Motiven löst und Gemälde schafft, die die Materialität der Farbe ergründen. Seine Farbpalette spiegelt nach wie vor Kocherscheidts ursprüngliches Interesse für die Landschafts- und Naturdarstellung: Satte Ocker- und Brauntöne dominieren.
Der Künstler habe sie Schicht um Schicht aufgetragen und immer wieder übermalt, erklärt Silvie Aigner, Kuratorin der Ausstellung und Chefredakteurin des Kunstmagazins "Parnass": "Er hat hier eine neue Räumlichkeit auf der Leinwand verhandelt, indem er mit sehr vielen Schichten, vielen färbigen Schichten gearbeitet hat. Auch wenn am Schluss noch einmal eine schwarze Schicht drüber kam, so arbeiten diese unteren Schichten mit."
Abstrakte Formen, amorphe Gebilde
Unterstützt von Kurt Kocherscheidts Witwe Elfie Semotan hat Silvie Aigner eine Ausstellung zusammengestellt, die sich auf das Spätwerk des Malers konzentriert. Die bekannte Mode- und Werbefotografin Elfie Semotan, die viele Jahre mit Modevisionär Helmut Lang zusammengearbeitet hat, hat für die Ausstellung im Palais Schönborn-Batthyány einige Arbeiten aus ihrer privaten Sammlung zur Verfügung gestellt.
NACHLASS KURT KOCHERSCHEIDT
Korinthos, 1986
Elfie Semotan war von 1973 bis zu Kurt Kocherscheidts Tod im Jahre 1992 mit dem Maler verheiratet. Gemeinsam pendelte das Paar zwischen Wien und einem alten Bauernhaus im Burgenland, wo viele Gemälde Kurt Kocherscheidts entstanden sind, wie sich Elfie Semotan erinnert. "Er hat nicht unbedingt gleichzeitig an vielen Bildern gemalt. Arbeit bedeutete für ihn auch kontemplative Versenkung. Er saß lange vor einem Bild und hat es betrachtet, um dann einen kleinen Eingriff zu machen, der für Laien kaum wahrnehmbar war. Seine Methode war sehr speziell."
2013 widmete das mittlerweile geschlossene Essl Museum in Klosterneuburg Kurt Kocherscheidt eine große Retrospektive, die allerdings frühere Schaffensperioden des Malers ins Zentrum rückte. In den großen Institutionen war das Oeuvre Kocherscheidts schon länger nicht mehr zu sehen, was wohl auch daran liegt, dass Malerei von Kuratoren und Kuratorinnen für zeitgenössische Kunst zur Zeit eher stiefkindlich behandelt wird.
Eine Lücke, die die Kunsthändler Eberhard Kohlbacher und Alois Wienerroither schließen wollen. "Es hat uns gefehlt, dass gewisse österreichische Positionen einfach nicht gezeigt worden sind. Dazu gehört auch Kurt Kocherscheidt, der in musealen Präsentationen bisher zu kurz gekommen ist. Das ist einer der ganz bedeutenden österreichischen Maler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er spielt international meiner Meinung nach in der ersten Liga mit", sagt Alois Wienerroither.
Eine barocke Bühne für die Malerei
In den barocken Prunkräumen des Palais Schönborn-Batthyány zeigen Wienerroither & Kohlbacher seit zwei Jahren Einzelausstellungen, deren Ausmaß ohne Übertreibung als museal bezeichnet werden kann. Nach Günter Uecker, Heinz Mack und Max Weiler ist Kurt Kocherscheidt der vierte Künstler, dem eine große Schau gewidmet ist. Viele der ausgestellten Werke sind Leihgaben von Privatsammlungen und Institutionen. Nur wenige Werken können - wie bei einer Galerienausstellung üblich - erworben werden. Diese Ausstellungspraxis kennt man aus dem angloamerikanischen Raum von Großgalerien wie Gagosian, ist in Wien aber eher unüblich. Für die Zukunft will die Galerie, die auch eine Niederlassung in New York hat, ihr Ausstellungsprogramm weiter ausbauen und im Palais Schönborn-Batthyány auch zeitgenössischen Positionen eine Bühne bieten.
Service
W&K - Kurt Kocherscheidt 1990-1992