Eva Sangiorgi

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Kulturpolitik

Eva Sangiorgi neue Viennale-Chefin

Bis zuletzt war es ein streng gehütetes Geheimnis, heute wurde die neue Leiterin der Viennale präsentiert: Die 39-jährige Italienerin Eva Sangiorgi wird Langzeitdirektor Hans Hurch nachfolgen und frischen internationalen Wind nach Wien bringen.

Mittagsjournal | 11 01 2018

Judith Hoffmann

"Ich möchte hier den Geist bewahren, dass die heimische Filmproduktion in Dialog mit dem internationalen Kino tritt." Eva Sangiorgi

Kulturjournal | Interview

Was die neue Leiterin für die Viennale plant, was sie erneuern möchte und wie sie das Selbstverständnis des Festivals im internationalen Kontext sieht, darüber sprach sie mit Ö1.

Benno Feichter

Bestellung als politisches Gegensignal

Dass die Geheimhaltung des Namens bis zuletzt gelungen ist, darüber zeigte sich selbst Kulturstadtrat Mailath Pokorny überrascht: "Ich muss gestehen, das ist mir überhaupt noch nie passiert."

Die international bestens vernetzte neue Direktorin Eva Sangiorgi stehe für eine Verjüngung und vermehrte Internationalität des Festivals, so Mailath-Pokorny. Die internationale Lösung sei zudem ein Signal weltoffener Kulturpolitik: "Dieser Blick von außen erscheint mir wichtig gerade auch in Zeiten wieder aufkommender Nationalismen und in denen die Sicht eher verengt als erweitert wird. Ich möchte das durchaus auch als ein Gegensignal verstanden wissen."

Fokus auf Newcomer & Dialog mit bildende Kunst

Zurückhaltend freundlich und mit einem strahlenden Lächeln präsentierte sich anschließend die neue Direktorin. Seit Jahren käme sie regelmäßig zur Viennale, das Festival und seine Ausrichtung seien ihr also gut bekannt und immer auch beispielhaft für ihre eigene Arbeit gewesen.

Für die Direktion in Wien strebe sie Kontinuität mir vorsichtigen Neuerungen an. So wolle sie etwa die ohnehin verschwimmenden Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilmen im Programm aufheben und den Fokus auf junge, aufstrebende Filmemacher legen. Die Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum soll beibehalten werden.

Darüber hinaus strebe sie neue Kollaborationen an, zum Beispiel einen Dialog mit der bildenden Kunst: "Die Bildende Kunst hat ein wachsendes Interesse am Kino, das sehen Sie ja zum Beispiel bei den Biennalen, bei denen der Film ständig präsent ist. Wir sollten also bildende Künstler und ihre Filme einladen. Vielleicht haben sie keine große Filmexpertise, aber es könnte ein spannender Dialog zwischen den künstlerischen Disziplinen werden."

Erfahrung als Kuratorin und Festivalleiterin

Geboren 1978 in Faenza, studierte Sangiorgi zunächst Kommunikationswissenschaften in Bologna, später Kunstgeschichte in Mexiko City, wo sie seit 15 Jahren lebt und wo sie 2010 das internationale Filmfestival Ficunam gründete, dessen künstlerische und kaufmännische Direktorin sie seither ist. Im Februar 2018 wird sie die letzte Festivalausgabe leiten, für Ende März ist Sangiorgis Umzug nach Wien geplant und damit verbunden auch der erste Deutschunterricht.

Viennale-Geschäftsführerin Eva Rotter: "Eva Sangiorig spricht vier Sprachen, Deutsch nicht. Aber wir haben die Vereinbarung getroffen, dass sie Deutschunterricht nehmen wird, sobald sie in Wien ist. Und sie zeigt sich sehr erfreut, bei jedem Spaziergang durch die Straßen fragt sie mich nach vielen Begriffen, ich glaube sie hat eine hohe Auffassungsgabe, eine neue Sprache zu erlernen."

Gerüchteküche um internationale Lösung

Der sechsköpfigen Findungskommission gehörten unter anderem Falter-Chef Armin Thurnher und die frühere ORF-Journalistin Gabi Flossmann an. Gerüchte, wonach ausdrücklich keine österreichische Lösung gesucht worden sei, räumte Mailath-Pokorny ebenso vehement aus wie die Viennale Geschäftsführerin Eva Rotter und der interimistische Leiter Franz Schwartz betont: "Wir haben uns in keiner Weise von Nationalität beeinflussen lassen. Wie man sieht, sind wir sogar über die Latte gesprungen, dass die deutsche Sprache keine Rolle spielt, weil das wahrscheinlich das einfachste Erwerbbare ist im Vergleich zu Filmwissen und Filmhaltung."

Ihr Wissen und ihre Haltung wird Eva Sangiorgi schon im Herbst bei der Viennale 2018 erstmals unter Beweis stellen.

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