Drei Menschen geben sich die Hände

APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Verhaberung unter Journalisten

Beißhemmung und Selbstzensur

Das Thema Verhaberung beschäftigt die Branche: Nicht nur die fehlende Distanz von Journalisten zu Politikern, Sportlern oder Kulturschaffenden kann problematisch sein, sondern auch jene unter Medienjournalisten. Kritisieren sie sich auch untereinander oder gibt es hier Beißhemmung? Und wie wird über die eigenen und möglichen Arbeitgeber berichtet?

Die österreichische Medienszene ist klein. Man kennt sich. Über Befangenheit und mögliche Interessenskonflikte spricht #doublecheck mit Kolleginnen und Kollegen: Harald Fidler vom "Standard", Anna Wallner von der "Presse" und Philipp Wilhelmer vom "Kurier". Wie es um Nähe und Distanz in Deutschland aussieht, erzählt Anja Reschke vom Medienmagazin ZAPP des Norddeutschen Rundfunk NDR.

Zu nah? Dann lieber zwei Autoren

Auch in Deutschland ist die Verhaberung ein Thema, auch wenn man es dort natürlich nicht so nennt. In der Redaktion des Medienmagazins ZAPP vom NDR gibt es jedenfalls klare Regeln. Zum Beispiel, wenn jemand über ein Medium, das gerade Gegenstand der Berichterstattung ist, besonders tolles Insiderwissen hat, weil er oder sie dort gut vernetzt ist, würden zwei Autoren eingesetzt, sagt Anja Reschke, Moderatorin bei ZAPP: "Wir versuchen so ein Thema immer mit zwei Leuten zu besetzen, damit die unabhängigere Person dann da nachfragt und das Interview führt, damit der, der eine gewisse Nähe hat, nicht in eine persönlich Bredouille kommt."

"Wir sind alle Profis"

In Österreich sehen das Medienjournalisten gelassener und vertrauen ihrem eigenen Urteil. Wenn es sein muss, tue man sich schon weh, sagt Philipp Wilhelmer vom "Kurier": "Wir sind alle Profis. Wir schreiben über Journalisten und das ist ein soziales Minenfeld, aber es ist halt auch unser Job."
Anna Wallner von der "Presse": "Wenn ich mit einem Kollegen ganz gut bin und mit ihm ein Bier trinke, und dann fällt mir auf, der hat einen Fehler gemacht oder in der Redaktion tut sich was, werde ich es natürlich trotzdem machen. Da steht schon die Professionalität drüber."

Wenn 10 Sekunden Nerven kosten

Über das eigene Haus berichten, ist schwer, erzählt Anja Reschke. Vor allem, weil man die Interviewpartner im eigenen Haus gleich behandeln müsse wie alle anderen Interviewpartner auch. Interviews gegenchecken zum Beispiel, ginge gar nicht. Das sei zwar nicht beliebt, aber notwendig für saubere Arbeit.
"Wenn der Zuschauer wüsste, wie lang wir um diese Formulierung gerungen haben, wie viel Arbeit dahintersteckt, diese zehn Sekunden Bild zu zeigen - das macht sich auch keiner klar. Das ist oft das Ringen darüber, was ist noch die Unabhängigkeit der Redaktion und wie weit kannst du gehen, ohne dass dir das Haus einen Strich durch die Rechnung macht."

Medienjournalismus ist keine Heldensage

Auch wir bei #doublecheck erleben das ähnlich und auch uns ist es wichtig, über unser eigenes Unternehmen zu berichten, denn immerhin ist der ORF das mit Abstand größte Medienunternehmen des Landes und die Hoffnung der Politik ist groß, mitreden zu können. Der Grund, warum Harald Fidler vom "Standard" es auch als seine Hauptaufgabe sieht, über den ORF zu berichten. Natürlich werde man da umgarnt und instrumentalisiert, davon müsse man als Medienjournalist einfach ausgehen.

"Ich will aus Medienjournalismus keine Heldensage machen. Es ist nicht schwieriger als anderer Journalismus, es hat nur ein paar besondere Aspekte. Man schreibt über Menschen die Vorgesetzte, Gesellschafter oder Eigentümer sind oder das werden könnten. Man kann das immer im Hinterkopf haben, oder auch nicht."

Wilhelmer meint dazu: Wutausbrüche aus den Managementchefetagen seien im Job inbegriffen.

Gestaltung

Übersicht