Wahlzettel

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Journal Panorama

Berge, Touristen, Blechlawinen. Tirol vor der Wahl

"Tirol isch lei oans" heißt es in einem bekannten Tiroler Volkslied. Einzigartig ist dieses westliche Bundesland tatsächlich. Tirol hat die meisten Dreitausender Österreichs. Es ist der Tourismus-Hotspot Österreichs mit zuletzt unglaublichen 47 Millionen Nächtigungen. Zugleich ist es das Bundesland mit der wohl höchsten Verkehrsbelastung; Stichwort: Brenner, Inntal-Autobahn, Transit-LKW. Die beiden Themen samt ihren Folgewirkungen beherrschen auch den eher ruhigen Landtagswahlkampf, der am Sonntag zu Ende geht.

Dann werden die 36 Mandate im Landhaus in Innsbruck neu vergeben. Zuletzt hatten die ÖVP davon 16, die SPÖ und die Grünen je fünf, die FPÖ und das heuer nicht mehr kandidierende „Vorwärts Tirol“ je vier und die Liste Fritz zwei Mandate.

Wahlkampfbühne in Tirol

Landeshauptmann Günther Platter von der ÖVP gilt als völlig ungefährdet, zugetraut wird ihm, dass er die - für Tiroler Verhältnisse eher bescheidenen - 39 Prozent vom letzten Mal kräftig ausbaut.
Um den zweiten Platz rittern die Freiheitlichen (mit zuletzt 9,3 Prozent) unter Markus Abwerzger und die runderneuerte SPÖ, die sich unter der Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik wieder Zugewinne erhofft - zuletzt war die SPÖ mit mageren 13,7 Prozent im "Heiligen Land Tirol" keine ernstzunehmende Größe mehr.
Noch weniger hatten mit 12,6 Prozent zwar die Grünen - doch sie galten zuletzt als aufsteigende Kraft. Und so wurden die eher bürgerlich ausgerichteten und in Tirol und Innsbruck schon länger gut verankerten Grünen zum Koalitionspartner der ÖVP. Doch nach dem schmerzlichen Aus auf Bundesebene müssen auch sie nun zittern und um Prozente raufen, wollen sie mit Ingrid Felipe doch wieder Regierungspartei werden.
Die NEOS versuchen in Tirol erstmals ihr Glück und treten mit dem Hotelier Dominik Oberhofer an, und die Spitzenkandidatin der Liste Fritz, deren Namensgeber Fritz Dinkhauser nur noch im Hintergrund werkt, Andrea Haselwanter-Schneider, hofft, zumindest im Landtag zu bleiben.
Daneben bewerben sich noch die Listen "Impuls" mit Josef Schett und "Family“ mit Andrea Krumschnabel um Stimmen.

Lärm- und Stauhölle

Alle Parteien haben sich zuletzt hauptsächlich auf die oben genannten Themen konzentriert. Mit feinen Unterschieden in ihren Rezepten wollen sie die Verkehrsbelastung eindämmen. Nur noch eine Million Transit-LKW-Fahrten jährlich sollen erlaubt werden – zuletzt waren es mehr als 2,2 Millionen. Wie das in der Praxis funktionieren soll, ist offen, haben doch die Nachbarländer da ein gewichtiges Wort mitzureden.

Viel ist jedenfalls die Rede von Kontrollen, Blockabfertigung, Korridormaut, Fahrverboten, sogar Autobahnsperren. Oberst Markus Widmann schildert die Situation bei einem Lokalaugenschein nahe Kufstein:

Oberst Markus Widmann, Leiter der Tiroler Verkehrspolizei.

Schitourismus versus Naturschutz

Unterschiedlich beantwortet wird in Tirol die Frage, ob und wie viele Schigebiete noch erschlossen bzw. erweitert werden dürfen. Alle bekennen sich zum Schutz der wunderschönen Tiroler Natur, doch in der Interpretation dieses Bekenntnisses liegen die Parteien auseinander.

Jahrelang tobte etwa der Streit um eine Erschließung der Kalkkögel südwestlich von Innsbruck - aus rechtlichen Gründen hat die ÖVP das von ihr verfolgte Projekt schließlich ad acta gelegt. Eine geplante schifahrerische Verbindung von Ötz-und Pitztal ist umstritten, so wie auch andere Projekte. Immer mehr Vertreter auch der alles beherrschenden Tiroler ÖVP sehen die Grenzen des Ressourcenverbrauchs, etwa der 81-jährige Alt-Landeshauptmann Wendelin Weingartner:

Wendelin Weingartner, ehem. Tiroler Landeshauptmann (1993-2002)

Und während die ÖVP meint, gerade ihre – in Tirol besonders einflussreiche – Stammklientel der Landwirte sei ohnehin um den Schutz des Landes bemüht, werfen andere gerade den Bauern den Ausverkauf des Landes vor.

Wohnen als Luxus?

Womit man bei Thema Nummer drei wäre: dem exorbitant teuren Wohnen in Tirol. Grundstückspreise, Miet- und Eigentumskosten haben dort lichte Höhen erreicht. Innsbruck ist bei Mieten die teuerste Stadt Österreichs. In manchen Regionen können sich nur noch Millionäre neue Häuser leisten. Und das bei insgesamt niedrigen Einkommen. Trotz Tourismusboom liegt Tirol in der Einkommensstatistik laut Statistik Austria (Zahlen von 2016) an letzter Stelle der Bundesländer.

Der Bürgermeister von Ellmau am Wilden Kaiser, Klaus Manzl, über die Situation in seiner Gemeinde:

Klaus Manzl, Bürgermeister von Ellmau.

Gefordert werden daher die Mobilisierung weiterer "Baulandreserven“, oder, von der SPÖ, Preisobergrenzen - Gemeinden sollen jenen, die Grundstücke umwidmen lassen können, einen Höchstpreis vorschreiben dürfen. Mancherorts geschieht das schon.

Schließlich versuchen die Freiheitlichen auch in diesem Wahlkampf wieder, mit dem Thema Sicherheit und Asyl zu punkten. Dabei sinkt die Kriminalität in Tirol, die Aufklärungsrate auch in der Landeshauptstadt Innsbruck steigt. Und an der Brenner-Grenze ist alles getan worden, um sie möglichst dicht zu machen, die Polizei hat mit Unterstützung des Bundesheeres alles im Griff. Ängste in der Bevölkerung gibt es dennoch - auch in den hintersten Seitentälern, wo noch niemals ein Asylwerber gesichtet worden ist.

Brenner-Autobahn

APA/DPA/JOSEF REISNER

Am Sonntag ist jedenfalls Schluss mit Wahlkampftönen. Dann entscheidet sich, wie bunt der nächste Tiroler Landtag sein wird - und welche Farbe zum Schwarz in der Landesregierung dazukommt.

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