Michel Petrucciani

JEAN-PIERRE MULLER / AFP

ORF-Rarität "In Concert"

Das Feuer eines Michel Petrucciani

Am 11. September 1985 gastiert der französische Pianist Michel Petrucciani im Trio mit dem Bassisten Palle Danielsson und dem Schlagzeuger Eliot Zigmund im Audimax der Technischen Universität Wien. Der damals 22-jährige Petrucciani präsentiert sich als souveräner Interpret des von seinem Tastenkollegen Bill Evans geprägten Pianotrio-Ansatzes: "Let's listen to each other really well."

Drei musikalisch gleichberechtigte Partner musizieren miteinander. Teilweise auch Stücke aus dem Evans-Repertoire interpretierend, wie etwa das von Miles Davis komponierte "Nardis", bleibt Petrucciani in seinem Spiel doch immer er selbst.

Schatz aus dem ORF-Archiv

Petruccianis Klavier ist an diesem Konzertabend etwas verstimmt, der Klang des Kontrabasses ist wenig akustisch, der Bass klingt dem damaligen Zeitgeist entsprechend elektrifiziert und dünn. Es gibt also ein paar aufnahmetechnische akustische Wermutstropfen, die aber dem mitreißenden miteinander Musizieren des Dreigespanns keinen Abbruch tun.

Das Feuer von Petruccianis neapolitanischen Vorfahren brennt nicht nur an diesem Konzertabend in Wien besonders hell. Diese Aufnahme ist einer der kostbaren historischen ORF-Mitschnitte, die in den nächsten Monaten immer wieder bei "In Concert" zu hören sein werden.

Einer der Wenigen

"Petruche", wie seine Freunde ihn nennen, gehört zu den wenigen Europäern, die sich in der amerikanischen Jazz-Szene ganz etablieren können. Dafür gibt es wohl mehrere Gründe: Petrucciani hat ein durch und durch amerikanisches Swinggefühl in seinem Spiel, sein Spiel ist bei aller Komplexität immer sehr leidenschaftlich und allgemein verständlich. Und die phänomenale Unabhängigkeit seiner beiden Hände haben nur ganz wenig andere Jazzpianisten.

Am 6. Jänner 1999 stirbt der an der seltenen Glasknochenkrankheit leidende französische Pianist im Alter von nur 36 Jahren in New York an den Folgen einer schweren Lungenentzündung.

Gestaltung