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Kino

Ian-McEwan-Verfilmung "Am Strand"

Booker-Preis-Gewinner und Bestsellerautor Ian McEwan feiert heute seinen 70. Geburtstag. Mit einem neuen Roman kann McEwan zu diesem Anlass nicht dienen, dafür kommt morgen die Verfilmung seines Romans "Am Strand" in die heimischen Kinos - nach McEwans eigenem Drehbuch.

London 1962. Auf einer Anti-Atomversammlung lernen sich Florence und Edward kennen und bald darauf lieben. Sie kommt aus der gehobenen Mittelschicht, aus einer erzkonservativen Unternehmerfamilie, liebt Mozart und ihre Violine, er ist der Sohn eines Landschuldirektors, hört mit Vorliebe Rock 'n' Roll und wird von der gehobenen Londoner Society als Landei beäugt.

Der kühle Anfang der heißen Sechziger

Die konservative Dauerwelle der Mutter wirft einen dunklen Schatten auf das Glück der jungen Liebenden und im Speisezimmer der Familie herrscht eine kühle Strenge wie man sie eher mit früheren Dekaden in Verbindung bringen würde.

Ian McEwan: "Würde jemand aus den 30er Jahren eine Zeitreise in die frühen 60er Jahre unternehmen, dann würden ihm die gesellschaftlichen Umgangsformen völlig vertraut vorkommen. Die sexuelle Revolution setzt gerade erst ein und der Rock 'n' Roll Chuck Berrys wirkt wie die Ouvertüre dazu."

 Download  Florence (Saoirse Ronan) und Edward (Billy Howle) malen sich bei einem Waldspaziergang ihre gemeinsame Zukunft aus

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Das Drama einer Hochzeitsnacht

Erzählt wird die Geschichte des ungleichen Paares in Rückblenden, die Handlung setzt nämlich an ihrem Hochzeitstag ein. Es ist früher Abend, die Zeremonie ist vorbei und die beiden sitzen, alleine und in ihrer sexuellen Unerfahrenheit befangen, in ihrer Luxussuite in einem Strandhotel an der englischen Kanalküste. Bald zeigt sich, dass Florence nicht nur ihre viktorianische Erziehung, sondern auch ein handfestes Trauma die Hochzeitsnacht vermiest.

Allein in der Weite

Sie nimmt Reißaus und flüchtet aus dem Hotel hinaus ans Meer und an den berühmten Chesil Beach. Ian McEwan: "Es handelt sich um einen langen Kiesstrand, einen schmalen Finger Land, mit dem Kanal auf der einen und der Lagune auf der anderen Seite. Man ist isoliert und deshalb wollte ich, dass sich das Brautpaar nach dem ganzen Hochzeitstrubel in dieser rauen, einsamen Natur gegenübersteht, ganz reduziert auf das, was sie sind. Hier sollte sich entscheiden, ob sie es miteinander schaffen, oder alles in die Brüche geht."

Giftige Nostalgie

Die Arbeit am Film fiel für die beiden EU-Befürworter Dominic Cooke und Ian McEwan, in eine schwierige Zeit, so der Regisseur: "Damals fanden gerade die Abstimmung zum Brexit und bald darauf die Präsidentschaftswahlen in den USA statt. In beiden Ereignissen kam ja diese giftige Nostalgie zum Ausdruck, die die Vergangenheit als Goldenes Zeitalter verklärte, in dem alles besser und einfacher war. Und der Film räumt mit genau dieser Haltung gründlich auf."

Das Private und das Politische, Liebesdrama und Gesellschaftsgeschichte finden im Film auf spielerische Weise zusammen, um die Dialoge von Ian McEwan genießen zu können, sollte man "Am Strand" aber nach Möglichkeit in der Originalfassung sehen.

Gestaltung

  • Wolfgang Popp