Ilija Trojanow

THOMAS DORN

Literatur

Ilija Trojanow - Toleranz in Denken und Handeln

Ilija Trojanow zählt zu den engagiertesten und produktivsten Autoren deutscher Sprache. Nach seinem Bestseller "Der Weltensammler" hat er Bücher über den Islam geschrieben und über den Kampf der Kulturen, über Indien und Afrika, über Datenschutz, den Klimawandel und seine Erfahrung mit 80 olympischen Disziplinen und nicht zuletzt sein Opus Magnum "Macht und Widerstand", ein groß angelegtes Gesellschaftspanorama Bulgariens.

Morgenjournal | 21 11 2018

Kristina Pfoser

Aktuell wird er am Wochenende gleich mehrmals beim Festival "Literatur im Herbst" zum Thema "Dystopien und Utopien" auftreten, das er heuer mit kuratiert hat, und am Sonntag macht er dann bei den Europäischen Literaturtagen in der Wachau Station. Dort wird ihm der "Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" verliehen.

Kulturjournal | 21 11 2018 | Interview

Kristina Pfoser

"Extrem intolerant"

Der "Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" - das sei eine Auszeichnung, die ihn tatsächlich überrascht habe, sagt Ilija Trojanow mit einem Augenzwinkern, "weil ich eigentlich extrem intolerant bin. Intolerant gegenüber Ungerechtigkeit, Verachtung, Ressentiments und Dummheit." Der Jurybegründung widerspricht Ilija Trojanow jedenfalls nicht:

"Ilija Trojanow kennt die Erfahrung der Flucht und des Fremdseins. Er kennt die Situation des ausgegrenzt Seins und weiß um die Notwendigkeit, das Verbindende in der Welt und zwischen den Menschen herauszustreichen und zu fördern."

Erfahrung des Fremdseins

Ilija Trojanow war sechs, als seine Eltern anno 1971 mit ihm aus Bulgarien geflohen sind. Nach Stationen in Italien, Kenia, Deutschland, Indien, Brasilien und Südafrika und nach ausgedehnten Reisen von Mekka bis in die Antarktis hat er sich in Wien niedergelassen. Aufgrund seiner Herkunft habe er die Fähigkeit, sich in fast jede Meinung hineinzuversetzen, sagt Ilija Trojanow. Dass das mitunter auch eine große Last bedeutet, das hat er bei der Arbeit an seinem Roman "Macht und Widerstand" erfahren, dem viel gerühmten Epos über den kommunistischen Machtapparat in Bulgarien.

Lust und Last Last der Empathie

"Als ich mich damals in einen Offizier der Staatssicherheit hineinversetzt habe, einen Folterknecht, damit er also Romanfigur lebendig wird, war das so intensiv, dass meine Frau meinte, sie konnte an meinem Gesichtsausdruck erkennen, wenn ich über ihn geschrieben habe", erzählt Ilija Trojanow, das sei eine wirkliche Belastung gewesen.

"Jeder hat ein bisschen recht."
Ilija Trojanow

Andererseits könne das Spiel der Anverwandlung durchaus auch Spaß machen. "Nicht alles, was politische oder intellektuelle Gegner behaupten, ist absurd, jeder hat ein bisschen recht und die Anerkennung 'Du hast ein bisschen recht' ist eine notwendige Basis für ein Gespräch."

Konkrete Utopien

Diskussionsräume öffnen - das will am kommenden Wochenende auch das Festival "Literatur im Herbst", das Ilija Trojanow heuer mit kuratiert hat. Das Thema: Dystopien und Utopien.

"Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft. Im Moment passiert vieles als Verteidigung, viele sagen: wir müssen die Demokratie verteidigen, wir müssen irgend etwas den Rechten entgegensetzen. Das ist alles defensiv. Wir brauchen konkrete Utopien, das meint Visionen, die auf einem ideellen Fundament aufbauen, die aber tatsächlich von einer Machbarkeit ausgehen".Darüber werden sich bei der "Literatur im Herbst" nicht nur Autoren und Philosophen wie Dietmar Dath und Thomas Macho Gedanken machen, sondern auch Ökonomen und Soziologinnen - ab Freitag im Wiener Odeon.

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