ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Ö1 Open Lab
Lieblingslektüre
14. Dezember 2022, 11:49
Rund um die Buch Wien haben Ö1 Club-Mitglieder und Interessierte im Ö1 Open Lab ihre Lieblingslektüre vorgestellt und beschrieben, warum ihnen das Buch in Erinnerung geblieben ist. Eine Vielzahl an Tipps gibt Inspirationen und macht Lust auf literarische Entdeckungsreisen.
Fünf Büchertipps wurden in der Ö1 Clubsendung on air vorgestellt:
Harald Schellander über „Utopia Avenue“ von David Mitchell
Claudia-Maria Hofbauer über „Wenn der Jasmin auswandert, Die Geschichte meiner Flucht“ von Jan Turjman
Annamaria Doppler über „Life of Pi“ von Yann Martel
Markus M. über "Opium für das Volk" von M. Stuhlpfarrer
Nora Reichart über „Mephisto“ von Klaus Mann.
Was ist das Ö1 Open Lab?
Das Ö1 Open Lab ist ein Innovationslabor, in dem wir gemeinsam mit Ihnen Ö1 gestalten und entwickeln. Es bietet Ö1 Club-Mitgliedern die Möglichkeit, sich zu bestimmten Themen zu vernetzen und auszutauschen.
Eine Auswahl präsentieren wir auch hier
Sämtliche Inspirationen können Sie weiterhin im Ö1 Open Lab lesen.
Unter allen Teilnehmer:innen haben wir einige Ö1 Kulturkistl vergeben.
Miriam Schütt über „Juni Schnee“ von Ljuba Arnautovic
Ljuba Arnautovic begibt sich auf Spurensuche nach der eigenen Familiengeschichte. Es zeigt, welche Auswirkungen Entscheidungen haben - und wie wir frei und doch in einen Zeitkontext eingebunden sind. Das Buch berührt in seinen Einzelschicksalen und erhellt, wie wir Mensch sein und uns verschieden entscheiden können - trotz mehr oder weniger gleichen Voraussetzungen. Ein tiefe Empathie und Humanität schwingt mit - und gerade darin ist das Buch Zeitzeugnis und auch aktuell: Denke den Menschen!
Herwig Nosko über „Früchte des Zorns“ von John Steinbeck
Dieses Buch habe ich schon mehrmals gelesen, es ist aktueller denn de, eine unglaubliche Atmosphäre wird durch den Autor erzeugt. Landwirte aus Oakland (die Oakis) erleben eine wirtschaftliche Rezession und gleichzeitig trocknen ihre Böden auf Grund von Dürre und falscher Bewirtschaftung aus. Es kommt der Ruf aus Kalifornien mit Erntearbeiten reich zu werden. Eine große Reise für viele beginnt...Die Charaktere sind konträr und man lebt als Leser mit und wird in dieses Buch förmlich eingesogen. Ich habe die gesamte Bibliographie von John Steinbeck gelesen (manche Bücher bereits mehrmals) und ich liebe seinen Schreibstil, seine Charaktere und die fantastischen Geschichten. Diese sind sehr lebensnah und teils auch sehr ergreifend bis skurill.
Karin Matzinger über „Why we swim“ von Bonnie Tsui
Es ist das Buch, dass mich in diesem Jahr am meisten begeistert hat. Wie der Titel schon sagt geht es ums Schwimmen. Warum wir schwimmen. Um zu überleben. Weil es Freude bereitet. Weil es Meditation in Bewegung ist..... Es ist super spannend und ich werde es noch öfters lesen. Und wie sonst hätte ich jemals erfahren, dass es in Japan Menschen gibt die in 20 kg schweren Samurairüstungen schwimmen!?!
Christine Dériaz über “The Hotel New Hampshire” von John Irving
Weil mir schon beim ersten Lesen alle Figuren extrem ans Herz gewachsen sind, und bei jedem weiteren Mal, war es ein freudiges "Wiedersehen". Aber auch für die Kraft, mit der die Geschichte erzählt wird und auch die Leichtigkeit, mit der Tragisches ganz selbstverständlich um die Ecke kommt. Meine Ausgabe ist vergilbt und etwas abgegriffen, aber sie wird sicher weiterhin gelesen werden.
Philipp Leindl über „Aufzeichnungen aus einem toten Haus“ von Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Dostojewskis Aufzeichnungen aus einem toten Haus gehören auf jeden Fall zu meinen Favoriten. Dazu trägt schon der Weg bei, über den das Buch zu mir gefunden hat: eine Empfehlung einer passionierten Buchhändlerin. Zumindest auf dem Einband als ‚Roman‘ ausgewiesen, weist schon der Titel auf eine gewisse Ferne von einer handlungsgetriebenen Geschichte hin. Aber gerade die dadurch ermöglichte Breite und Tiefe in der semi-autobiografischen Beschreibung einer Katorga in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Sibirien macht das Buch zu einem Kleinod für mich. Dostojewski beleuchtet Menschen und Vorgänge mit einer respektvollen Art, die zum Beispiel eine weihnachtliche Theateraufführung im Zuchthaus zu einer für mich prägenden Leseerfahrung gemacht hat. Gleichsam wird das Sinnlose und Grausame der Katorga und der Menschen schonungslos dargestellt. Gemeinsam mit der Erzählfigur bleibt man als Leser:in dabei immer ein wenig auf Distanz zum Beschriebenen, bekommt Einsicht in ein dysfunktionales System, ohne vollständig einzutauchen. Eine wunderbare literarische Annäherung an das Menschsein!
Anna Maria Aigner über „Die Mittagsfrau“ von Julia Franck
1945 Flucht aus Stettin in Richtung Westen. Ein kleiner Bahnhof irgendwo in Vorpommern. Helene hat ihren siebenjährigen Sohn durch die schweren Kriegsjahre gebracht. Nun war alles überstanden, alles scheint möglich. Jedoch lässt Helene den Kleinen alleine am Bahnsteig zurück und kehrt nie wieder. Julia Franck erzählt das Leben einer Frau in einer dramatischen Zeit, ein großer Familienroman.
Karoline Perchthaler über „Der Prophet“ von Kalil Gibran
Das Buch begleitet mich seit ca. 20 Jahren als Lebensbegleiter. Das Buch wurde vom Autor "zwischen den Welten" geschrieben und ist universell und gültig. Es ist nächstes Jahr 100 Jahre alt. Es wurde mir nach einer Geschäftsreise, bei der abends ein unerwartet tiefsinniges Gespräch, mit jemanden von dem ich es nicht erwartet hätte stattfand, ebenso überraschend geschenkt. Besonders diese beiden Kapitel inspirieren mich: "Von der Liebe" - Liebe, Beziehungen und "Von den Kindern" - Wegbegleiter, Anvertraute, Todesfälle. Es geht um das Miteinander auf Augenhöhe. Das Leben. Ums Festhalten wollen und nicht können. Das Betrachten aus verschiedenen Blickwinkeln. Um gegenseitige Akzeptanz. uvm. Mit diesem reflektiertem Denken und Handeln fällt vieles Leichter im Leben. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten. Ich lese es immer wieder. Besonders wenn mich das Leben fordert. Wenn mir Menschen begegnen, die in herausfordernden Situationen sind und die mich berühren, verschenke ich es seitdem.
Joch Weißbacher über "Die Legende vom Ozeanpianisten" von Alessandro Bariccos
Es ist mir seit Jahren ans Herz gewachsen - ich lese es immer wieder und habe auch schon viele Exemplare verschenkt. In diesem Buch steckt so viel Musik, die nicht nur das Findelkind Novecento, sondern auch mich ein Leben lang begleitet.
Michael Kirschbaum über „Seelandschaft mit Pocahontas“ von Arno Schmidt
Es ist eine Erzählung des deutschen Schriftstellers aus dem Jahr 1953 und zugleich der für mich geeignetste Einstieg in die literarische Welt des AS. Sie schildert eine erotische Begegnung des Ich-Erzählers während eines Kurzurlaubs am Dümmer, einem See in Niedersachsen.
Luis Stabauer über „Unter der Drachenwand“ von Arno Geiger
Ein Antikriegsbuch, ohne über den Krieg zu schreiben; ein Liebesroman, ohne Kitsch oder Schmalz; ein Gesellschaftsroman, der die Figuren beim Lesen entstehen lässt; ein spannender Österreich-Roman mit ausgezeichneten Ortsbeschreibungen.
Sendungstipp
In der Ö1 Bücherbox werden kurz vor Weihnachten von 19. bis 22.12. jeweils um 9.30 Uhr die Lieblingsbücher vier prominenter Ö1 Stimmen ins Rampenlicht gerückt: Renate Burtscher, Günter Kaindlstorfer, Albert Hosp und Doris Glaser über ihre persönlichen Leseempfehlungen für die (angeblich) stillste Zeit des Jahres. Vorgestellt werden: Ann Petry: „The Narrows“, Marlen Haushofer: „Himmel, der nirgendwo endet“, Kazuo Ishiguro: „Klara und die Sonne“, Ingeborg Bachmann: „Malina“. Gestaltet werden die Sendungen von Julia Reuter, Antonia Löffler, Kathrin Wimmer und Till Koeppel.
Die Ö1 Bücherbox zum Nachhören: oe1.ORF.at/buecherbox
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