Radiokolleg - Kommunikation statt Kommando?

Arbeitsbilder im Postfordismus (1). Gestaltung: Armin Medosch

Seit einigen Jahrzehnten befindet sich die Arbeitswelt im Umbruch. Die Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten Methoden der Massenproduktion und Fließbandarbeit ermöglichten nach dem Zweiten Weltkrieg einen Anstieg der Produktion ebenso wie des Konsums in den Industriestaaten.

Die Basis dazu lieferte ein sozialer Ausgleich zwischen Unternehmer/innen und Arbeitnehmer/innen. Dieses System, bekannt als Fordismus-Keynisianismus, ermöglichte Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Steigerung der Löhne über mehrere Jahrzehnte. In den 1970er Jahren geriet dieses System in eine Krise, und die Industrie begann sich umzustellen. Die Produktion wurde häufig ins Ausland verlagert und neue Arbeitsmethoden eingeführt, die als "flexible Spezialisierung" bekannt sind. Zugleich kam den Informationstechnologien und Finanzmärkten eine immer wichtigere Rolle zu.

Das neue System, das sich inzwischen etabliert hat, wird mit dem Begriff Postfordismus bezeichnet. An die Arbeitnehmer/innen werden neue Anforderungen gestellt, sie sollen flexibel sein, sich kommunikativ und kreativ einbringen und sich für den Erfolg des Unternehmens persönlich mitverantwortlich fühlen. Die "atypischen Beschäftigungsverhältnisse" wie z. B. Teilzeit, Gleitzeit, geringfügige Beschäftigung, Arbeit auf Werksvertragsbasis und neues Kleinunternehmertum haben zugenommen, und zwar in so einem Ausmaß, dass diese Beschäftigungsformen gar nicht mehr so "atypisch" sind, sondern mehr und mehr zum Regelfall werden.

Damit nehmen aber auch Stress und die Gefahr von Burn-Out zu. Viele Teilzeitjobs werden unfreiwillig von Frauen ausgeführt, Leiharbeit und die Arbeit von Migrant/innen wird ausgenutzt, um das Lohnniveau zu drücken und schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die Gewerkschaften haben diese Veränderungen unter dem Motto "mitgestalten" häufig mitgetragen, mit dem Ergebnis, dass sich die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer/innen deutlich verschlechtert hat.

Während viele Gewerkschaften noch keine Antwort auf diese Veränderungen gefunden haben, begannen einige gegenzusteuern. "Organising" heißt das aus den USA importierte Schlagwort, das einen neuen, kämpferischen und basisdemokratischen Stil der Gewerkschafter/innen bezeichnet.

Das Radiokolleg "Arbeit im Postfordismus" thematisiert die Veränderungen, aber auch die Kontinuitäten der Arbeitsorganisation. Wie sieht die Realität der Arbeit im Postfordismus aus? Müssen wir nun alle "Arbeitskraftunternehmer/innen" werden? Ersetzt der Laptop am Küchentisch die Arbeit in der Fabrik? Ist die Entgrenzung von Arbeit und Freizeit wirklich wünschenswert? Weicht das Kommando tatsächlich der Kommunikation? Was haben neue Gewerkschafter/innen, Künstler/innen und Migrant/innen miteinander zu tun? Armin Medosch untersucht die Konfliktlinien der Arbeit im Postfordismus anhand von Fallbeispielen und Theorien.

Service

Ulrich Bröckling. Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007.

Mario Becksteiner / Elisabeth Steinklammer / Florian Reiter. Betriebsratsrealitäten. Betriebliche Durchsetzungsfähigkeit von Gewerkschaften und BetriebsrätInnen im Kontext der Globalisierung, OEGB Verlag Wien, 2010.

Gerald Geppert, Detlef Hartmann. Cluster: Die neue Etappe des Kapitalismus. Assoziation A, Berlin/Hanburg, 2008.

Claudia von.Werlhof. Vom Diesseits der Utopie zum Jenseits der Gewalt. Feministisch-patriarchatskritische Analysen - Blicke in die Zukunft? Centaurus, Freiburg 2010.

Herbert Langthaler (Hrsg.) Integration in Österreich. Sozialwissenschaftliche Befunde, 2010 (im Erscheinen).

Brinkmann, Ulrich / Choi, Hae-Lin / Detje, Richard / Dörre, Klaus / Holst, Hajo / Karakayali, Serhat / Schmalstieg, Catharina. Strategic Unionism: Aus der Krise zur Erneuerung? Umrisse eines Forschungsprogramms. VS Verlag 2008.

Prana-Yoga Studio

Sendereihe