Gedanken für den Tag

"Gastfreundlich sein wie Abraham und Sara" von Josef Schultes

Josef Schultes ist katholischer Theologe und Religionspädagoge.

Abraham und Sara: Viele Geschichten ranken sich um diese beiden Gestalten. "JHWH erschien Abraham bei den Eichen von Mamre, zur Mittagshitze am Zelteingang". So beginnt eine der bekanntesten Erzählungen aus dem ersten Buch der Bibel, "Genesis". Sie handelt von der typisch orientalischen Gastfreundschaft der "Stamm-Eltern" drei Männern gegenüber. Es ist eine Story von Gastfreundschaft und ihren Nachwehen: Im hebräischen Original wird den kinderlosen Senioren ein Sohn verheißen. In der orthodoxen Ikonen-Kunst leuchtet hier schon die Dreifaltigkeit auf. Und im Islam wird Abraham zum Propheten Ibrahim, hoch verehrt in seinem angeblichen Geburtsort Urfa. Wo auch Christen zum Mittagsgebet in der Moschee eingeladen sind, von einem gastfreundlichen Imam ...
Gestaltung: Alexandra Mantler

"Der Herr erschien dem Abraham, der an der Tür seines Zeltes saß, zur Mittagshitze."So beginnt die bekannteste Geschichte in der Bibel über die Gastfreundschaft. "Und als Abraham seine Augen aufhob", erzählt das Buch Genesis packend weiter, "siehe, da standen drei Männer vor ihm. Er lief ihnen entgegen, neigte sich zur Erde und sprach: Adonai, wenn ich Gnade gefunden habe vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber."
Als wir - eine Gruppe, die auf einer Studienreise den "Spuren Abrahams und Saras" folgt - als wir diese Verse lesen, sitzen auch wir in einem Zelt. Dicht gewoben aus schwarzem Ziegenhaar, das vor Regen schützt und vor Hitze. Dennoch: 40 Grad hat es, im Zelt, im Schatten! Wir sind nämlich in Harran, am Rand der Syrischen Wüste.
Von Harran - einst Kultplatz für den Mondgott und wichtiger Handelsknoten am Eufrat, etwa fünfzig Kilometer von Urfa entfernt - von diesem Harran weiß auch die Bibel. Ein ganzer Clan bricht auf "aus Ur in Chaldäa", so wieder wörtlich in der Genesis, "und sie kamen nach Harran und wohnten dort". Mit dabei das Paar dieser Woche: Abraham und Sara.
Der semitische Name Ab-racham bedeutet "Vater der Vielen", "Vater der Menge". Und Sara heißt übersetzt "Fürstin", "Herrin". Was mich an diesen beiden Gestalten fasziniert? Sie sind Ursymbole des Lebens, in denen sich viele Generationen in Orient und Okzident gefunden haben. Sie spiegeln so viele Facetten des Glaubens wider, dass auch ich mich darin finden kann. Was mich besonders heute anspricht? In einer alltäglichen Begegnung mit Menschen ahne ich den Schimmer des Ewigen.
"Inschallah!" "So Gott will", sagt der Mann, dem das Zelt gehört, "Chai". Tee in Gläsern kommt, der nach frischer Minze duftet. Serviert von seinem Sohn - gastfreundlich wie Abraham und Sara .

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