Gedanken für den Tag

"Über das Bereit-Sein" von Veronika Prüller-Jagenteufel

Veronika Prüller-Jagenteufel ist katholische Theologin und Seelsorgerin.

Manche Menschen sind für Geld oder auch aus Liebe zu - fast - allem bereit. Manche scheinen ohne Bezahlung für nichts zu haben zu sein. Gibt es heute noch so etwas wie Bereitschaft, gar Dienstbereitschaft - außer, es hat jemand eben im Job Bereitschaftsdienst?

Wer bereit ist, hat sich bereitet. Ich bin bereit, sagt, wer ein Amt, eine Aufgabe übernimmt. Aber sind auch alle, die Ämter übernehmen, entsprechend vor-bereitet?

Die Texte spielen mit den Worten und tasten nach einer der vielen scheinbar seltener werdenden Tugenden: der Bereitschaft, sich anderen zur Verfügung zu stellen. Wie kann diese Tugend heute neu geübt und dabei vor Ausbeutung und Missbrauch geschützt werden?
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Im mobilen Palliativ-Team aus dem Hospiz der Caritas Socialis hat immer eine Krankenschwester oder ein Pfleger "Bereitschaft", wie es im Teamjargon heißt. Wer in diesem Bereitschaftsdienst ist, kann von den Patienten jederzeit angerufen werden und kommt bei Bedarf in die Wohnungen, um Verbände zu wechseln, Medikamente zu bringen oder sonst wie Beistand zu leisten, wenn die Not zu bedrängend wird. Viele Berufe, vor allem im Gesundheitsbereich, kennen solche "Rufbereitschaft". Sie umfasst meistens die Abend- oder Nachtstunden, wenn der reguläre Tagdienst schon Feierabend macht.

Auch wer Bereitschaftsdienst hat, kann etwas unternehmen, ausgehen oder es sich daheim gemütlich machen - aber bei Bedarf muss er oder sie auch vom gedeckten Tisch aufstehen oder mitten im spannenden Film das Kino verlassen. Denn Dienst ist Dienst.

Ständig in dieser Weise auf Abruf bereit, sind z.B. auch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr - in ihrem Fall nicht einmal entlohnt.

Unsere Gesellschaft lebt davon, dass immer noch viele - bezahlt wie unbezahlt - bereit sind, sich bei Bedarf rufen zu lassen. Vieles würde ohne diese Bereitschaftsdienste einfach nicht funktionieren.

Und im Grunde funktionieren auch Freundschaften und Liebesbeziehungen nicht ohne die Bereitschaft, dem anderen beizustehen - auch wenn es noch ganz früh am Morgen oder Feierabend ist und auch dann, wenn keine direkte Gegenleistung erwartet werden kann. Dienstbereitschaft - bereit zu sein, dem anderen dienlich, hilfreich zu sein, gehört zum Kern von guten, tragenden Beziehungen - auch wenn das Wort Dienst fast nur mehr in beruflichem Zusammenhang verwendet wird.

In gewissem Sinn habe ich als Mensch immer "Bereitschaft", denn jederzeit kann die Not des anderen so groß werden, dass sie mich ruft.

Service

Wenn Sie diese Sendereihe kostenfrei als Podcast abonnieren möchten, kopieren Sie diesen Link (XML) in Ihren Podcatcher. Für iTunes verwenden Sie bitte diesen Link (iTunes).

Sendereihe