"Fast ein Patriot oder Weiße-Rössel-Sprünge"

Eine Erinnerung an das Wienerische in dem Salzkammergut-Preußen Robert Gilbert.
Gestaltung: Roland Knie

Der deutsche Wortsänger und Musikplauderer Robert Gilbert, Komponistensohn und begnadeter Causeur der Operetten- und Musicalszene von den zwanziger bis in die sechziger Jahre, gehört zu den ganz wenigen Operetten-, Chanson- und Schlagertextern, deren Werke, auch heute noch, vergnüglich und ohne alles Erröten genießbar sind.

Nicht wenige seiner Musical-Übersetzungen sind - getreu seiner Devise, wonach ein Übersetzer, weil er's als Zweitautor ja leichter habe, immer eine Spur klüger und witziger zu sein hätte als der originale - tatsächlich deutlich besser als die betreffenden (englischen) Lyrics.

Allerdings war Gilbert auch als Originalautor - z. B. als musikalischer wie textlicher Schöpfer des schönen Sigismund Sülzheimer im "Weißen Rössel" - meistens klar besser als die Kollegen. Was den Verdacht nahelegt, dass dieser Robert Gilbert, geschätzt, aber kaum beachtet als deutscher Texter von "My Fair Lady" oder "Cabaret", überhaupt der in dieser Branche besonders rare Fall eines brillianten lyrischen Kunsthandwerkers mit künstlerischem Gewissen war.

Und eben dazu gibt's die interessante Probe auf's Exempel: Gilbert floh 1933 vor den deutschen Nazi nach Wien, im guten Glauben, dass er hier vor ihnen sicher wäre. Und als ihm dieser gute Glauben an der schönen blauen Donau immer mehr abhanden kam, begann er, aus seelenhygienischen Gründen, Wienerlieder zu schreiben. Und die, aus derart paradoxen Motiven geboren, sind denn auch ganz außerordentlich geworden; so gut, dass sie so gut wie vergessen sind ...

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