Gedanken für den Tag

"Nach der Wintersonnenwende" von Philipp Harnoncourt

Philipp Harnoncourt ist Liturgiewissenschaftler und Ökumeniker in Graz.

In den christlichen Kirchen gibt es gegenwärtig drei oder vier verschiedene Daten für das Fest der Geburt Christi und zwei oder drei verschiedene Daten für das Epiphanie-Fest, das hierzulande als Dreikönigstag bekannt ist - je nachdem, wie der äthiopische Kalender interpretiert wird. Die in diesen Tagen gefeierten "Großtaten Gottes": Die Geburt Jesu, seine Beschneidung und Namengebung, seine Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland, seine Taufe im Jordan und das erste von ihm gesetzte Wunderzeichen bei der Hochzeit zu Kana - sind aber überall dieselben, wenn auch in unterschiedlicher Akzentuierung. Die Einordnung in den Jahreskreis unmittelbar nach der Wintersonnenwende ist eine Hauptursache dafür, dass diesen Feiern auch erlebnismäßig eine sehr hohe und zugleich tiefwurzelnde Bedeutung zukommt, sodass sie selbst in außerchristlichen Regionen und agnostischen Gesellschaften begangen werden - allerdings mit ganz anderen Inhalten. Gedanken von Philipp Harnoncourt für die ersten - und wieder länger werdenden - Tage des Neuen Jahres. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Meine Augen haben das Heil gesehen!

Heute, am 8. Jänner möchte ich vorwegnehmen, was die Kirchen erst am 2. Februar feiern: Die Darstellung Jesu im Tempel, ein durch und durch weihnachtliches Fest, ein Fest des Lichtes, das im Volksmund Maria Lichtmess genannt wird und an dem die Kerzen für das Jahr gesegnet werden. Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil hat dieses Fest die Weihnachtszeit beendet. Seither gilt das Fest der Taufe Jesu am Jordan, das morgen gefeiert wird, als Abschluss der Weihnachtszeit, die aber ohne dieses Fest unvollständig ist.

Als Jesus 40 Tage alt war, musste er - wie alle erstgeborenen Knaben - von seinen Eltern in den Tempel gebracht und einem Priester in die Hände gelegt werden. Doch durch ein Opfer konnten sie den für das Priestertum des Tempels bestimmten Buben wieder auslösen.

Am 40. Tag nach Weihnachten - das ist der 2. Februar - gedenkt die Kirche dieses Ereignisses. In den Ostkirchen gehört dieser Tag zu den Hauptfesten des Jahres, und die entsprechende Ikone ist immer in der Reihe der Fest-Ikonen zu finden.

Das Lukas-Evangelium, das einzige Evangelium, das von der Kindheit Jesu berichtet, erzählt, dass zwei fromme alte Juden gerade damals im Tempel waren und etwas Besonderes erwartet haben: Simeon, dem geoffenbart war, er werde nicht sterben, ehe er den Erlöser gesehen habe und Anna, eine Witwe von 84 Jahren. In diesem unauffälligen Ereignis wird Jesus als Licht begrüßt: Simeon nimmt das Kind auf seine Arme. Da wird er plötzlich vom Heiligen Geist erfüllt und stimmt seinen Lobgesang an, der in der römischen Kirche im täglichen Abendgebet seinen festen Platz hat:

Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.
Denn meine Augen haben das Heil geschaut,
das du vor allen Völkern bereitet hast:
ein Licht, das die Heiden erleuchtet,
und Herrlichkeit für dein Volk Israel!

Service

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Anonym
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Philipp Nicolai
* Nr.1 Wie schön leuchtet der Morgenstern / Chor (00:09:31)
Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Ausführende: Concentus musicus Wien
Choreinstudierung: Hans Gillesberger
Chor: Wiener Sängerknaben
Solist/Solistin: Max Van Egmond /Baß
Solist/Solistin: Wiener Sängerknaben /Solist, Sopran
Solist/Solistin: Kurt Equiluz /Tenor
Länge: 01:10 min
Label: Teldec 835027 (2 CD)

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