Gedanken für den Tag

"Zum 25. Todestag des Künstlers Joseph Beuys" von Johanna Schwanberg

Johanna Schwanberg ist Kunstkritikerin und Universitätsassistentin für Kunstwissenschaft und Ästhetik in Wien und Linz.

25 Jahre nach seinem Tod beschäftigt Beuys als "spiritueller Schamane" und "messianischer Gesellschaftsutopist" die Kunstwelt wie die Öffentlichkeit in einem Maße wie das nur selten sonst bei Kunstschaffenden der Fall ist. Das liegt vor allem daran, dass Beuys' Arbeits- und Denkweise als "Architekt an der Gesellschaft" und als "Bewahrer der Natur" weit über die Kunst hinausging. In den Gedanken für den Tag rund um seinen Todestag am 23. Jänner spricht die Kunstkritikerin Johanna Schwanberg anhand zentraler Werke wie "Zeige deine Wunde" , "Celtic" oder "Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt" die spirituelle Dimension und die christliche Symbolik in der Beuys'schen Kunst an. Schlüpfte doch Beuys immer wieder in die Rolle eines Priesters, so dass sein Werk neben den gesellschaftspolitischen Aspekten von einem enormen spirituellen Sendungsbewusstsein geprägt ist. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Christus

"Es gibt für den Menschen keine andere Möglichkeit, als sich in die Rolle des Christus hineinzubegeben." Dass eine derartige Aussage von einem der wichtigsten bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts stammt, verwundert. Schließlich steht die Gegenwartskunst den institutionellen Kirchen meist kritisch gegenüber. Joseph Beuys hat sich Zeit seines Lebens mit der Christusfigur befasst. Nachdem er in einem katholisch geprägten Umfeld aufwächst, tritt er aus der Kirche aus. Der Widerspruch zwischen der christlichen Idee und der Institution Kirche mit ihrem starren Hierarchiesystem und der Praxisferne scheint ihm zu groß. Und dennoch suchte er den Dialog mit kunstaffinen Kirchenleuten. So stellte er in Wien des Öfteren in der Galerie "Nächst Sankt Stephan" von Monsignore Otto Mauer aus. In zahlreichen Kunstwerken arbeitet er mit christlichen Symbolen wie dem Kreuz oder er befasst sich mit rituellen Handlungen oder Heiligenfiguren wie Ignatius von Loyola. 1971 vollzog Joseph Beuys im Rahmen der Aktion "Celtic" etwa den Reinigungsritus der Fußwaschung an sieben Personen. Mit einem Schlauch füllte er Wasser in eine Metallschüssel, wusch die Füße der Personen und trocknete sie sorgfältig mit einem Tuch ab. In vollkommener Ruhe goss er nach jeder Waschung neues Wasser in den Bottich. Simultan zur Handlung war eine Mischung aus harten Metallklängen und feierlichen Glockenschlägen zu hören.

Beuys' christlich-mystische Grundhaltung bei gleichzeitiger Kritik an dem Machtapparat Kirche sorgt noch heute für viele Kontroversen. Spannend finde ich auf jeden Fall, dass Beuys sich nicht wie so viele Künstler von religiösen Themen abgewandt hat, ohne genauer hinzuschauen. Vielmehr hat er versucht, die christliche Tradition mit seinen künstlerischen Mitteln neu und anders zu denken. Beuys war der Überzeugung, dass der "Christusimpuls", wie er es nannte, "weiterhin wirksam ist". Er müsse sich jedoch "in Formen äußern, die sich von den herkömmlichen deutlich unterscheiden."

Service

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Sendereihe

Playlist

L,K: Richard Rijnvos
Titel: RICHARD RIJNVOS: BLOCK BEUYS
Titel: Block Beuys - Raum 1 < für Tonband mit 11 Instrumentalisten : Schlagwerk, 2 Klaviere, 7 Streicher >
Ausführende: Ives Ensemble
L,K: Richard Rijnvos
Länge: 01:10 min
Label: Hat Hut Rec. / hat [ now ] ART 147

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