Salzburger Nachtstudio

26. Jänner 2011, 21:00

In der Sammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien befindet sich eine "Völkertafel" aus dem 18. Jahrhundert. Das von unbekannter Hand geschaffene Gemälde zeigt Vertreter verschiedener europäischer Völker und listet tabellarisch deren angeblich "typischen" Eigenschaften auf: Es finden sich darauf "offenherzige" Deutsche, "angenehme" Engländer, "hinterhältige" Italiener, "blutgierige" Ungarn, "bäuerische" Polen und "boshafte" Russen, wobei die Beurteilungen von Westen nach Osten immer geringschätziger werden. Diese Darstellung ist eine von vielen historischen Quellen für ethnische Stereotype. Etliche dieser gewachsenen Vorurteile wirken bis heute nach und spiegeln sich zum Beispiel im Verhältnis Österreichs zu seinen unmittelbaren Nachbarn wider, mit denen man einst unter dem Doppeladler vereint war.

Anderen Völkern bestimmte Eigenschaften zuzuweisen - und damit verbundene Wertungen -, dienen immer der Abgrenzung des "Eigenen" vom "Anderen", wobei das "Eigene" stets als das "Höherwertige" wahrgenommen wird. Diese Haltung verstärkte sich im Zuge der kolonialen Expansion Europas und mit dem beginnenden Kapitalismus, als ethnische Vorurteile gegenüber außereuropäischen Völkern zunehmend machtpolitisch instrumentalisiert wurden.

Die Sendung beschäftigt sich mit außer- und innereuropäischen Völker-Stereotypen, fragt nach den Entstehungsbedingungen und Gründen für deren Fortwirken ebenso, wie nach Möglichkeiten und Wegen, wie nationale Vorurteile abgebaut werden können. Fragen, die auch und gerade angesichts der derzeit viel diskutierten Problematik der Integration von Zuwanderern von höchster politischer Brisanz sind.

Interviewpartner/innen:
Matthias Beitl: stv. Dir. Museum für Volkskunde, Wien
Reinhard Johler: Ludwig-Uhland-Institut für vergleichende Kulturwissenschaft, Univ. Tübingen
Patrick, Frottier: Psychiater, Wien
Helmut Lukas: Ethnologe, Institut für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Johannes Moser: Institut für Volkskunde und Europäische Ethnologie, Universität München
Werner Schwarz: Historiker, Kurator/Wien-Museum
Gero Fischer: Institut für Slawistik, Univ. Wien
Susanne Breuss: Historikerin, Kuratorin/Wien-Museum
Karin Stögner: Soziologin/Historikerin, Institut für Konfliktforschung (IKF), Wien
Karin Bischof: Politikwissenschaftlerin, Institut für Konfliktforschung (IKF), Wien

Service

Werner Michael Schwarz: Anthropologische Spektakel. Zur Schaustellung "exotischer" Menschen, Wien 1870-1910. Verlag Turia & Kant, Wien 2001

Kristin Kopp, Werner Michael Schwarz (Hg.): Peter Altenberg: Ashantee. Afrika und Wien um 1900. Verlag Löcker, Wien 2008

Alfred Payrleitner: Österreicher und Tschechen. Alter Streit und neue Hoffnung. Verlag Böhlau, Wien 1990

Hannes Stekl, Elena Mannová (Hg.): Heroen, Mythen, Identitäten. Die Slowakei und Österreich im Vergleich. Wiener Vorlesungen. Konversatorien und Studien, Bd. 14, hg. für die Kulturabteilung der Stadt Wien von Hubert Christian Ehalt, Verlag Facultas, Wien 2003

Eduard Beutner, Karlheinz Rossbacher (Hg.): Ferne Heimat - Nahe Fremde bei Dichtern und Nachdenkern. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2008

Susanne Breuss, Karin Liebhart, Andreas Pribersky (Hg. und AutorInnen): Inszenierungen. Stichwörter zu Österreich. Verlag Sonderzahl, Wien, 1995

Wolfgang Kos, Ulrike Spring, Wolfgang Freitag (Hg.): Im Wirtshaus. Eine Geschichte der Wiener Geselligkeit. Verlag Czernin, Wien, 2007

Sendereihe

• Salzburger Nachtstudio