Gedanken für den Tag

von Manuel Rubey. "Mein Papa kann in der Arbeit schlafen" - Geschichten vom Vater-Sein

Manuel Rubey ist Schauspieler.

Plötzlich ist alles anders: Sorgen, die man vorher nicht hatte. Glücksgefühle, die man vorher nicht kannte. Vater zu werden verändert das Leben, rückt vieles in ein neues Licht. Kinder zu haben, macht es ziemlich unmöglich, sich mit der Welt abzufinden, wie sie eben ist, weil plötzlich nicht nur die eigene Zukunft auf dem Spiel steht. Kinder drücken auch dem Alltag ihren Stempel auf, weil sich das wahre Leben auf einmal zwischen Kindergarten, Spielplatz und Gute-Nacht-Geschichte abspielt - auch wenn Papa ein erfolgreicher Schauspieler ist. Und zur Not kann er ja (während der Drehpause) "in der Arbeit schlafen", wie Manuel Rubeys ältere Tochter einmal im Kindergarten erklärte. Gedanken für den Tag in der Woche vor dem 12. Juni, dem sogenannten Vater-Tag.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Dein Vater ist kaputt aber du bist es nicht
Zerbeult und verbogen und vielleicht nicht ganz dicht
Aber irgendwo darunter bist du seltsam ok
Beinah unversehrt unter allem was weh tut
Ich weiß du willst helfen, ich weiß du grämst dich
Ich weiß du willst abhauen und ich weiß du schämst dich
Es ist ok, jeder soll fliehen der kann,
wenn du den Fluchtwagen fährst, schnall dich an

singt Judith Holofernes. Dieses Stück der deutschen Popgruppe "Wir sind Helden" rührt mich seit ich es zum ersten Mal gehört habe oder mehr noch, es tut das, was ein guter Text tun muss, es greift mich an.

Holofernes, selbst zweifache Mutter spricht meiner Meinung nach etwas an, das ich in der sogenannten Erziehung unserer Kinder für elementar wichtig halte. Bewusst polemisch formuliert behaupte ich: Mit der Geburt unserer Kinder erlischt unser Recht auf die Verneinung des Daseins. Weil sich Kinder verantwortlich fühlen werden, wenn sie spüren, dass es uns schlecht geht. Ich meine nicht, ihnen eine heile Welt vorzuspielen, ich spreche von dem Grundsatz: Ja zu diesem Leben zu sagen. Für unsere eigene Elterngeneration war dies noch bedeutend schwieriger, glaube ich, weil sie selbst als Kinder mit einem Erziehungsbild konfrontiert war, das meist Begriffe wie Schuld und Strafe in den Mittelpunkt stellte. Die Kinder konnten dies nur vermeiden, indem sie Erwartungen erfüllten und brav waren. Noch heute dreht es mir den Magen um, wenn ich das Wort brav in Bezug auf das Verhalten eines Kindes höre. Ich will nicht, dass meine Kinder brav sind.

Vielleicht ist es unsere Aufgabe, unseren Kindern zu ermöglichen, dass diese uns eines Tages getrost ins Leben zurück entlassen können. Dass sie ihren eigenen Weg gehen dürfen und nicht in Sorge leben müssen, dass die Eltern sich ohne sie nichts anzufangen wüssten. Und um nochmals mit Judith Holofernes zu sprechen:

So viel kaputt, aber so vieles nicht
Jeder der Scherben spiegelt das Licht
So viel kaputt aber zwischen der Glut,
zwischen Asche und Trümmern war irgendwas gut.

Service

Manuel Rubey

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Sendereihe

Playlist

Titel: Ansage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

Titel: GFT 110610 Gedanken für den Tag / Manuel Rubey
Länge: 03:50 min

Titel: Absage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

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