Gedanken für den Tag

Von Walter Thirring. "Weltsichten, Irrwege und Wege des menschlichen Geistes". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

"Wir sind in diese Welt geworfen ohne gefragt zu werden, ob wir dies wollen". Mit so einer Aussage, die wohl kaum anzufechten ist, beginnt das Credo der Existentialphilosophie. Doch schon die Fortsetzung "und wir sind hier so alleine gelassen" sei fraglicher, meint der Physiker Walter Thirring und führt aus: "Soll das heißen, dass es im Universum keine weiteren Lebewesen gibt, so übersteigt dies unser Wissen. Es soll wohl eher heißen "von Gott keine Spur", was aber einer eingehenderen Diskussion bedarf. Aber sicher ist, dass wir auf unserer Reise ein wertvolles Geschenk, unseren Verstand, mitbekommen haben."

In den "Gedanken für den Tag" geht der österreichische Physiker der Frage nach, inwieweit dieser Verstand hilft, sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Seit jeher haben die Menschen die Naturmächte personifiziert und den Himmel mit Göttern bevölkert. Die Mythologien blühten bei allen Völkern und man überbot sich seinen Lieblingsgott hinaufzujubeln.

Um diese Streiterei zu entschärfen erfand man eine neue Kaste, die Priester. Sie sollten die chaotischen Götterwelten in geregeltere Bahnen lenken. Die Menschen wollten ihre Erfahrungen in der Welt in Beziehung zu Göttlichem zu stellen.

Doch die Priester waren auch nur Menschen und hatten bald heraußen, was ihnen ihre Position für eine Macht verlieh. Sie konnten dem Volk predigen, dass der Herrscher göttlicher Abstammung sei und so seinen Herrschaftsanspruch außer Frage stellen. Ich will dies nicht als Volksbetrug abtun, bescherte es doch den Ägyptern Jahrtausende inneren Friedens während sich die sogenannten Barbaren mangels geklärter Machtverhältnisse oft gegenseitig abschlachteten. Aber dennoch, ein nur sich selbst kontrollierendes System muss zu Missbrauch führen und kann auf die Dauer nicht stabil sein. Im Fall der Ägypter kam die Revolution nicht von Ausgebeuteten, sondern von oben. Der Pharao Echnaton konnte die riesige Schar der ihm unterstellten Götter nicht mehr ertragen, ausgewiesen schien ihm nur der Sonnengott. Am Podest der anderen begann er zu sägen. Aber zu Fall konnte er sie nicht bringen, zu dicht war das Geflecht aus Priestern, Machthabern und anderen Nutznießern. Seine Reformen drangen nicht durch, im Gegenteil, als er gestorben war wollte man ihn ungeschehen machen. Man klopfte seinen Namen aus allen Bauwerken heraus und alles blieb beim Alten.

Unsere menschlichen Erklärungsmuster für die Erfahrung des Göttlichen weichen voneinander, sind äußeren Einflüssen unterworfen und unterliegen einem Wandel. Dennoch, manche Grunderfahrungen bleiben bestehen. Das ägyptische Totenbuch formuliert es so: "Manche Dinge bleiben immer wahr. Leben und Tod, Erde und Himmel, die Geschenke der Götter: Intuition und Liebe."

Service

Buch, Walter Thirring, "Lust am Forschen - Lebensweg und Begegnungen", Seifert-Verlag
Buch, Walter Thirring, "Kosmische Impressionen. Gottes Spuren in den Naturgesetzen", Seifert-Verlag
Buch, Johannes Huber und Walter Thirring, "Baupläne der Schöpfung. Hat die Welt einen Architekten?", Seifert-Verlag

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Playlist

Titel: GFT 120103 Gedanken für den Tag / Walter Thirring
Länge: 03:49 min

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