Zeit-Ton

3. Jänner 2012, 23:03

Sein Geburtstag fällt auf den Tag der Heiligen Drei Könige. Zu ihm sind sie freilich nicht gekommen. Er sieht sich ja auch keinesfalls als Religionsstifter. Denn das Sinnen und Trachten von Gösta Neuwirth ist nicht auf transzendente Gläubigkeit ausgerichtet, sondern auf das rational messbare Phänomen der Zeit. Er denkt und komponiert analytisch, ist gleicherweise Wissenschafter und Komponist. In seiner Existenz befruchten einander beide Disziplinen, vertiefen seine Einsichten in die historischen Zusammenhänge.

Kontinuierlich lernt er suchend, unermüdlich sucht er lernend. Forscht und lehrt an der Universität in Freiburg im Breisgau. Vorrang hat jedoch der Komponist Gösta Neuwirth, dem es gelingt, vor- und rückblickend das 15. mit dem 20./21. Jahrhundert logisch abgesichert musikalisch zusammenzuführen.

Er wird am 6. Jänner 75. Die Lebensjahre bis dahin sind nicht schmerzlos vergangen, haben Seelennarben hinterlassen. So ist denn auch seine Musik ohne vordergründig emotionelles Auftrumpfen. In ihr muss alles seinen unverrückbaren Platz finden und einnehmen. Pulsierende Betonung auf Taktstrichen und Wiederholungen verabscheut er. Die im festen Formgefüge sich entfaltenden Strukturen folgen dem Gebot immerwährender Veränderung. Vorbei ist und bleibt vorbei. Polyphoner Satz und Proportionalität sind ihm stets zuhandenes Vokabular.

Und in solch vermeintlicher Strenge nisten notwendig, auch überraschend, Momente des Unwägbaren und eine erzählfreie, behutsam emotionale Gestik. Die Beispiele aus seinem Schaffen, unter anderem aus "L'oubli bouilli - vanish", bringen dies alles zum Klingen.

Sendereihe

• Sound Art: Zeit-Ton