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Der Funke im Pulverfass. Mohamed Bouazizi und die tunesische Revolution. Von Mahmoud Lamine und Judith Müller
14. Jänner 2012, 09:05
Im Zentrum von Tunesien, mitten im kargen Steppenhochland, liegt Sidi Bouzid. Eine Kreisstadt mit 40.000 Einwohnern. Eine trostlose Stadt, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend. Hier, an diesem abgeschiedenen Ort, lebte und arbeitete Mohamed Bouazizi.
Mohamed Bouazizi, der sehr früh seinen Vater verloren hat, muss schon ab seinem 12. Lebensjahr für den Unterhalt seiner Familie aufkommen. Er ist Straßenhändler und verkauft Gemüse und Obst, das er auf einem Holzkarren transportiert. Rund zehn Dinar, etwa fünf Euro, kann er so täglich verdienen. Doch Mohamed hat es schwer mit den Behörden, die immer wieder seine Ware konfiszieren, da er sich die Lizenz für den fliegenden Straßenhandel nicht leisten kann. Und so ist es auch an diesem Freitag, dem 17. Dezember 2010.
Es ist etwa 11.00 Uhr, als Mohamed Bouazizi am Hauptplatz vor der Moschee auf die Polizistin Faida Hamdi trifft. Bewohner von Sidi Bouzid berichten, dass es einen sehr lauten Streit gegeben hat, bevor das heftige Gerangel um Kisten und die elektronische Waage beginnt. Mohamed soll dabei eine Ohrfeige von Faida Hamdi bekommen haben. Sie erzählen, dass Mohamed verzweifelt zum Polizeirevier läuft, um sich zu beschweren und um seine Waage zurückzufordern. Aber er wird abgewiesen. Und sie erzählen, dass er auf die Präfektur zusteuert, um den Gouverneur zu einem Gespräch zu bitten. Doch auch hier bittet er vergeblich.
Gegen 13.00 Uhr stellt sich Mohamed vor die Präfektur, steigt auf seinen Holzkarren und übergießt sich mit Benzin. Bouazizi erleidet schwerste Brandverletzungen und wird in ein Krankenhaus in Tunis gebracht, wo er am 4. Jänner 2011 stirbt. Mit der Selbstverbrennung Mohamed Bouazizis beginnt die tunesische Revolution. 10 Tage später verlässt der tunesische Präsident Ben Ali das Land.
Der gebürtige Tunesier und anerkannte Feature-Autor Mahmoud Lamine war in Sidi Bouzid, um an Ort und Stelle mit Mohamed Bouazizis Mutter und Geschwistern, deren Nachbarn, mit der Polizistin Faida Hamdi und anderen Bewohnern der Stadt zu sprechen.
