Gedanken für den Tag

Von Michael Krassnitzer. "Der Beat des Herrn" - Zum 40. Todestag der Gospel-Sängerin Mahalia Jackson. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Mahalia Jackson war die größte Gospel-Sängerin aller Zeiten. Ihre Interpretationen der Kirchenmusik des "schwarzen" Amerika waren ein Quell der Hoffnung für die Afroamerikaner und gehörten zum Soundtrack der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Berühmt wurde sie auch in Europa, wo ihr von der traditionellen Kirchenmusik meilenweit entfernter Gesang für einen neuen, lebendigen Zugang zum Glauben stand.

Nun jährt sich kurz nach ihrem 100. Geburtstag Mahalia Jacksons Todestag zum 40. Mal, aber ihre Musik und ihre Botschaft sind unsterblich. Sie wusste: "Die Seele des Menschen versteht die Sprache der Musik oft besser als das gesprochene Wort".

Als Mahalia Jackson vor 40 Jahren, im Jänner 1972 starb, hatte ihre Musik, der Gospel, bereits viel von seinem Stellenwert eingebüßt. Wenn heutzutage Gospelchöre durch Europa touren, so hat das kaum noch etwas zu tun mit der ursprünglichen Kraft und Bedeutung dieser Musik. Man könnte den Niedergang an der offensichtlichen Kommerzialisierung festmachen - ein Vorwurf der übrigens schon gegen Mahalia Jackson erhoben wurde.

Der wahre Grund für den Niedergang aber ist, denke ich, dass dem Gospel die gesellschaftliche Basis abhanden gekommen ist. Die harten Drogen, spätestens das in den achtziger Jahren aufgekommene Crack, haben die afroamerikanische Gesellschaft grundlegend verändert. In vielen Ghettos sind die Familienstrukturen nachhaltig zerstört, die Kirchen haben ihre Funktion als gesellschaftlicher Angelpunkt verloren. In der heutigen Musik vieler Afroamerikaner, dem Hip-Hop, wird oft Gewalt verherrlicht, Materialismus und Machotum gehuldigt.

Die Musik der Afroamerikaner war immer eine Musik der Transformation. Gospel entstand, als die geistlichen Spirituals Elemente von Blues und Jazz übernahmen; Soul entstand, als der Rhythm and Blues Elemente des Gospel übernahm. Vielleicht fließt die musikalische Kraft des Hip-Hop irgendwann in eine neue Art der black music ein, in der es um etwas anderes geht als um Gewalt, Sex oder Drogen. Es muss ja nicht Glaube sein, aber wenigstens Hoffnung. Denn der Traum der Bürgerrechtsbewegung, die Kluft zwischen Schwarz und Weiß zu überwinden, hat sich noch nicht erfüllt.

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Titel: GFT 120121 Gedanken für den Tag / Michael Krassnitzer
Länge: 03:49 min

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