Gedanken für den Tag

Von Barbara Stromberger. "Über den Tod hinaus" - Zum 50. Todestag von Hermann Hesse. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

"Alle Kunst entsteht aus Angst vor dem Tod", hat der deutsche Schriftsteller Hermann Hesse, dessen Todestag sich am 9. August zum 50. Mal jährt, einmal gesagt. Das Ziel, etwas zu schaffen, das über den eigenen Tod hinaus bleibt, hat Hesse erreicht, ist die Autorin Barbara Stromberger überzeugt. Sein Menschenbild, seine Humanität und Toleranz, seine Aufrufe gegen Gewalt, wie auch seine Kritik an der modernen Entwicklung von Gesellschaft und Kultur und seine Vision von einer globalen Wissens- und Wertegemeinschaft, all diese brisanten Themen haben durch die digitale Revolution neue Aktualität gewonnen. So behielt der deutsche Schriftsteller und Maler "Bleiberecht".

Für eine Fernsehdokumentation war ich vergangenen Sommer im Tessin, wo Hermann Hesse mit seiner aus Wien stammenden dritten Ehefrau Ninon Dolbin, im idyllischen Ort Montagnola bis zu seinem Tod 1962 gelebt hat.
Dort ist nicht nur das schlichte Grab zu finden, sondern auch das Hesse-Museum zu besichtigen.
Mich haben die eindrucksvoll präsentierten Gegenstände weniger interessiert, vielmehr das nachvollziehbar inspirierende Flair der Örtlichkeit und die Gespräche mit den Nachkommen.
Hermann Hesse ist nicht zuletzt deshalb immer noch "in", weil der in seinen Werken so wesentliche Aspekt der Spiritualität auch heute noch viele Jugendliche anspricht.
Von der Enkelin Eva Hesse, die ihren Großvater immerhin 20 Jahre erlebt hat, erfuhr ich, dass ihr Vater Heiner Hesse als Nachlassverwalter von den 35.000 Briefen, die der Nobelpreisträger geschrieben hat, 17.000 eingesammelt hat. Den größten Teil seiner Post hat Hesse persönlich beantwortet, er empfand es sogar als "moralische Verpflichtung".

Auf die Frage, wie Hesse seine drei Söhne erzogen hat, antwortete seine Enkelin, er habe sogar wörtlich gesagt, dass es Erziehung gar nicht gibt, denn Kinder leben so, wie ihre Eltern es ihnen täglich zeigen. Alles andere sei oktroyiert und bringe nichts.

Als Verfechter des Eigensinns, welchen Hesse als die wesentlichste Tugend überhaupt bezeichnete, war er selbst schon früh härtesten Prüfungen ausgesetzt.
In einem Brief an ihren Mann beklagte sich Hesses Mutter Marie über das schwer zu bändigende Wesen ihres Sohnes Hermann: "...Gott muss diesen stolzen Sinn in Arbeit nehmen, dann wird etwas Edles und Prächtiges draus, aber ich schaudere bei dem Gedanken, was bei falscher oder schwacher Erziehung aus diesem jungen passionierten Menschen werden könnte."
Nun, einer der größten Dichter des 20.Jahrhunderts!

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Titel: GFT 120801 Gedanken für den Tag / Barbara Stromberger
Länge: 03:47 min

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