Gedanken für den Tag

Von Magdalena Miedl. "Durchs Brot die Welt" - Gedanken zum 'Welttag des Brotes'. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Ich habe gestern wieder Brot gemacht. Ein ganz simples Weizenbrot, das im Gusseisentopf gebacken wird. Mehl, Wasser, Salz und ganz wenig Germ werden verrührt, der Teig wird über Nacht in Ruhe gelassen, und nach fast einem ganzen Tag wird das Brot im brennheißen Ofen im Topf zur Vollendung gebacken.

Wenn ich es aus dem Rohr hole und zum Auskühlen auf einen Rost lege, höre ich dem Brot zu: Da ist noch lange ein leises Knistern zu hören, noch mindestens eine Viertelstunde lang, in der die Kruste stabil wird und in der im Innern des Brotes geheimnisvolle chemische Vorgänge ihren Abschluss finden. Und dieser betörende Duft!

Sich um Brotteig zu kümmern, ihn beim Wachsen zu beobachten, den säuerlich-herben Geruch der Hefe zu schmecken ist ein urtümliches, sinnliches Vergnügen, und das selbstgebackene Brot für Freunde anzuschneiden ist eine große Freude. Erst vor kurzem habe ich gelernt, dass die Wurzel für unsere Worte Kumpel oder Kumpan aus dem lateinischen stammt: Cum und Panis. Der Kumpan ist also der, mit dem man das Brot teilt, ein Bild, das mir sehr gut gefällt, nicht nur in der Assoziation mit den biblischen Emmaus-Jüngern, die den auferstandenen Jesus am Brotbrechen erkannten.

Und meine Kusine hat mir ein ganz besonderes Erlebnis geschildert: Als sie vor vielen Jahren mit der Bahn im Gebirge unterwegs war, gab es ein heftiges Gewitter, eine Mure riss die Gleise mit sich, die Lok und einige Waggons stürzten um, es gab viele Verletzte und sogar Tote. Als meine Kusine verwirrt und geschockt zwischen den anderen Passagieren neben der Unglücksstelle stand im strömenden Regen, sah sie eine Frau durch den Schlamm den Hang heraufwaten, die sie aus ihrer Heimatortschaft kannte. Die Frau hatte keine Schuhe mehr, sie umklammerte nur ein kleines Päckchen: Darin war ein Brot, das sie von Zuhause mitgebracht hatte. Mein Kusine und ihre Mitreisende setzten sich in einen der noch heilen Waggons, und teilten das Brot, das nach Heimat schmeckte, nach Beruhigung und Trost in dieser schrecklichen Stunde der Verwirrung.

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Titel: GFT 121018 Gedanken für den Tag / Magdalena Miedl
Länge: 03:49 min

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