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"Jerusalem kann eine Hauptstadt für Israelis und Palästinenser sein". Michael Kerbler spricht mit Daniel Barenboim, Pianist und Dirigent

Neun Jahre war Daniel Barenboim alt, als er zum ersten Mal in seinem Leben Österreich besuchte. Es war sein erster Aufenthalt außerhalb von Buenos Aires und seine erste Europareise. Sein Reiseziel im Sommer 1952 war Salzburg - genauer: die Salzburger Festspiele. Dort spielte er ein Konzert von Johann Sebastian Bach. Wenige Wochen später gab er in Wien sein Debüt als Pianist. Barenboim eroberte mit Mozarts Klavierkonzert in A-Dur das "Konzerthaus"-Publikum. 1952 war für Daniel Barenboim in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Jahr. Er übersiedelte mit seiner Familie nach Israel. West-Jerusalem erlebte er in seiner Jugend als das intellektuelle Zentrum des Landes. "Heute ist Jerusalem hauptsächlich ein jüdisch-orthodoxer Ort. In meinem Kopf jedoch habe ich die Vision von Jerusalem als einem Symbol der Geistigkeit für die gesamte Menschheit. Politisch hingegen kann es eine Hauptstadt für Israelis und Palästinenser sein."

Dass Barenboim sich als Botschafter, Mediator und Brückenbauer versteht, bewies er mit zahlreichen Konzerten, die er mit dem West-Eastern Divan Orchestra - also jenem Klangkörper, den er mit dem inzwischen verstorbenen palästinensischen Intellektuellen und Dichter Edward Said gegründet hat. In diesem Orchester spielen junge Araber und Israelis im Alter von 14 bis 25 Jahren zusammen. Das West-Eastern Divan Orchestra hat mit Konzerten an politischen Brennpunkten - wie auf palästinensischen Territorium, aber auch an der innerkoreanischen Grenze - Aufsehen erregt.
Anlässlich seines 60. Bühnenjubiläums im Wiener Konzerthaus spielte Daniel Barenboim mit den Wiener Philharmonikern - am Dirigentenpult stand Daniel Harding - zwei der populärsten Meisterwerke der romantischen Klavierliteratur: das erste Klavierkonzert von Chopin und jenes von Tschaikowsky. Das Publikum reagierte mit Begeisterung und mit minutenlangen "standing ovations" für Daniel Barenboim.

Nach dem umjubelten Konzert führte Michael Kerbler auf Einladung von Intendant Bernhard Kerres im "Berio-Saal" des Wiener Konzerthauses ein Gespräch mit dem Pianisten, Dirigenten und Friedensaktivisten Daniel Barenboim: über die Kraft des Verbindenden von Musik, über seine Rolle als Mediator und die Frage, ob Musik politische Veränderungen bewirken kann.

Übrigens: Daniel Barenboim feiert heute seinen 70.Geburtstag.

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