Im Gespräch

Erzählen ist eine Art "Heuwenden". Michael Kerbler spricht mit Peter Handke, Schriftsteller

Peter Handke hatte Salzburg, hatte Österreich längst Richtung Jugoslawien verlassen, als er am Abend des 3. Dezember 1987 erster Gast der neuen Ö1-Sendereihe IM GESPRÄCH war. In dieser ersten Ausgabe der Sendereihe IM GESPRÄCH kam der Schriftsteller gleich zweimal ausführlich zu Wort. "Das Ich soll immer weiter werden". Und immer wieder gehe es darum, "ins Leere loszubrechen". Entschieden sei gegen "das Gerede vom Ende der Kunst" aufzutreten, wolle er doch "die Illusion behalten".

Handke brachte viele Themen zur Sprache, die ihn in seinen Stücken und Prosatexten immer wieder beschäftigt hatten: Das Schauen, das Lesen, das Schreiben, "die seltsame Lust auf Überlieferung, die immer wehmütiger und wilder geworden ist", also das, was Handke, nach einem passenden Wort tastend, auch "Ahnungslust" nennt. "Ich möchte zurück an einen fingierten Anfang. Ich weiß ja nicht, wo mein Anfang war. Dieses Gefühl von Anfang, das mir ein Buch im schönsten Fall gibt, das möchte ich immer haben. Ich sitze da und denke mir, Lesen ist die schönste Tätigkeit, weil es mir die Gegenwart zurückführt auf die Vergangenheit".

Das Schreiben ist für Peter Handke ein Zur-Geltung-Bringen des Übersehenen. Immer noch. Was er dafür eintauscht, um in der Lage zu sein, Spuren sichtbar zu machen, Stimmungen auszuloten, zur Sprache zu bringen, hat der Schriftsteller einmal so umschrieben: "Es ist eine universelle Kondition des Schriftstellers geworden, wenn er noch Autor sein will: in der Distanz zu sein und solitair zu bleiben." Peter Handkes Einsamkeit beim Schreiben, seine Wurzeln und sein Unterwegs-Sein stehen im Mittelpunkt des Gesprächs, das ich jüngst mit dem Schriftsteller in seinem Haus in der Nähe von Paris geführt. Peter Handke feiert heute seinen siebzigsten Geburtstag, in Salzburg. Dort erhielt er am späten Nachmittag den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg überreicht.

Service

Peter Handke, "Versuch über den stillen Ort", Suhrkamp (ISBN 978-3-518-42317-2)

Peter Handke, "Wunschloses Glück", Erzählung, Suhrkamp (ISBN 3-518-36646-7)

Peter Handke, "Die schönen Tage von Aranjuez", Sommerdialog, Suhrkamp (ISBN 978-3-518-42311-0)

Klaus Amann, Fabjan Hafner und Karl Wagner (Hg.), "Peter Handke. Poesie der Ränder", mit einer Rede Peter Handkes, Böhlau Verlag, Wien-Köln-Weimar (ISBN 3-205-773797-9)

Fabjan Hafner, "Peter Handke. Unterwegs ins Neunte Land", Paul Zsolnay Verlag Wien (ISBN 978-3-552-05427-1)

Malte Herwig, "Meister der Dämmerung. Peter Handke. Eine Biographie", dva - Deutsche Verlags-Anstalt (ISBN 978-3-421-0449-5)

"... und machte mich auf, meinen Namen zu suchen - Peter Handke ,Im Gespräch' mit Michael Kerbler". Dieses Buch mit beigelegter Ö1-CD des Gesprächs, das Michael Kerbler 2007 mit Peter Handke geführt hat, ist im Wieser Verlag, Klagenfurt, erschienen. (ISBN 13 978-3-85129-543-6).

Rainer Maria Rilke, "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge", herausgegeben und kommentiert von Manfred Engel, Universal-Bibliothek, Philipp Reclam Verlage, Stuttgart (ISBN 3-15-009626-X)

Peter Handke, "Die Kuckucke von Velika Hoca. Eine Nachschrift", Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009 (ISBN 978-3-518-42056-0)

Peter Handke, "Über Musik", mit Illustrationen von Amina Handke, herausgegeben und mit einem Nachwort von Gerhard Melzer, Verlag Droschl, Graz-Wien 2003 (ISBN 3-85420-623-2)

Thomas Steinfeld, "Der Sprachverführer. Die deutsche Sprache: was sie ist, was sie kann", Carl Hanser Verlag, München 2010 (ISBN 978-3-446-23416-1)

Guy Deutscher, "Im Spiegel der Sprache. Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht", aus dem Englischen von Martin Pfeiffer, dtv - Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co., KG, München 2012 (ISBN 978-3-423-34754-9)

Burghard Damerau, "Die Wahrheit der Literatur. Glanz und Elend der Konzepte", Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2003 (ISBN 3-8260-2569-5)

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