Gedanken für den Tag

29. Dezember 2012, 06:56

Auch heute, am vierten Tag nach Weihnachten, spreche ich über dieses Fest. Draußen vor der Stadt Bethlehem, außerhalb des gehegten, bergenden Lebensraumes ist, so sagt die Überlieferung, der Sohn Gottes geboren worden. Draußen vor der Stadt Jerusalem stand auch sein Kreuz, an dem er, ausgestoßen aus der Gemeinschaft, gestorben ist. Der Weg Jesu führt von der Krippe zum Kreuz.

Wie ein Fremder ist Gott gekommen, und wie ein Fremder wurde er an vielen Türen abgewiesen. Immer noch steht er an der Tür. Er klopft an durch die Boten, die sein Wort verkünden und so abgewiesen werden. Er klopft an in der leisen Stimme des Gewissens. Und er klopft an in der Gestalt von Menschen, die eine Heimat suchen: Menschen, die an Kälte leiden und die ein bergendes Dach, einen wärmenden Ofen, ein offenes Ohr, eine helfende Hand ersehnen. Bethlehem ist überall.

Das Kind von Bethlehem zeigt sich mir heute noch in der Ikone des irgendwo hungernden und verhungernden Kindes; in der Gestalt des einsamen betagten Menschen in unserer Nähe, es zeigt sich im Bild des jungen Menschen, der eine Arbeit und einen Weg sucht. Es zeigt sich auch im noch ungeborenen Menschen, der Welt und Leben mit uns teilen will.

"Macht hoch die Tür, die Tor macht weit", singt ein adventliches Kirchenlied. Christus, so glaube ich fest, möchte zu Weihnachten nicht nur bis Bethlehem kommen, sondern bis in unser Herz. "Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in Dir: Du bliebst doch ewiglich verloren", sagt Angelus Silesius in seinem Werk "Der cherubinische Wandersmann".

"Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf", klagt der Prolog des Johannesevangeliums über den Mensch gewordenen Gott und fügt hinzu: "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden" (Joh 1, 11 - 12). Weihnachten ist besonders ein Fest für solche erwachsene Kinder.

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