Moment am Sonntag

Marseille. Eine Stadt erfindet sich neu. Gestaltung: Alexander Musik. Moderatiion und Redaktion: Matthias Däuble

Marseille, die Stadt mit dem legendär schlechten Ruf, ist von spektakulären Umwälzungen erfasst. Der Staat pumpt Milliarden in das Projekt "Euromediterranée", das aus Marseille eine Vorzeigemetropole machen soll, die in den gesamten Mittelmeerraum ausstrahlt.

Man verspricht sich viel vom Status als europäische Kulturhauptstadt 2013. Seit dem Ende der Kolonialzeit schrumpft der Hafenbetrieb dramatisch, befindet sich die traditionelle Industrie in stetigem Niedergang. Hoch sind Arbeitslosigkeit und der Ausländeranteil in der Bevölkerung. Die Stadt ist arm und hat unter eingewurzelten Negativ-Vorurteilen zu leiden, auch wenn die Kriminalität nicht nur eine Erfindung einer böswilligen Pariser Presse ist.

Die Quartiers Nord, der ungeliebte Gürtel aus heruntergekommenen Satellitensiedlungen auf den Hügeln um die Stadt, macht fast die Hälfte des Stadtgebietes aus. Hier rechnen Jugendbanden mit Hilfe von Kalaschnikows miteinander ab, der Drogenhandel blüht.
Marseille ist eine der wenigen Großstädte, in denen im Zentrum eine Arbeiterbevölkerung mit hohem Immigrantenanteil dominiert. Eine soziale Umschichtung zugunsten von Besserverdienenden entspräche dem kaum verhohlenen Wunsch der konservativen Stadtväter.

Wird Marseille, im Laufe seiner 2.600-jährigen Geschichte schon oft als unheilbar krank allein gelassen, diesmal den neuen Elan nutzen können, oder gewinnt das berüchtigte Marseiller Trägheitsmoment doch wieder die Oberhand?

Eine Reportage von Alexander Musik.

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