Radiogeschichten

"Der Gaukler Unserer Lieben Frau". Von Anatole France. Es liest Peter Matic. Gestaltung: Roland Knie


Die kleine Geschichte vom naiven Gaukler Barnabé (ein ursprünglich mittelalterlicher Schwank), der ins Kloster geht, um dort dieHeilige Jungfrau zum Preis ewiger Seligkeit mit seinen Jonglierkünsten zu unterhalten, ist eine für Anatole France typische Schlüsselerzählung mit unzweifelhafter Aussage: Der Erzähler, umfassend gebildeter Humanist, beneidet den scheinbar simplen Gaukler um dessen angewandte Lebensweisheit.
France, Literatur-Nobelpreisträger von 1921, war von konservativer Herkunft, begann aber sehr bald in seinen großen historischen Romanen gesellschaftskritische Ideen zu propagieren, wandte sich immer deutlicher gegen die reaktionäre Obrigkeit (etwa im Dreyfus-Prozess, aber auch in seiner Kritik am Mythos der 1909 heiliggesprochenen Jeanne d'Arc) und kam schließlich 1922, zwei Jahre vor seinem Tod, auf den vatikanischen Index. Dass er freilich auch den Kommunisten schon vor Stalin ihre Moskau-Hörigkeit vorwarf, macht ihn bis heute zum - wenn auch nicht mehr sehr heftig - umstrittenen Autor.

Service

Aus: Nouvelles classiques / Klassische französische Erzählungen, dtv zweisprachig, 2007.

Ü: Johanna Canetti

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