Zwischenruf

von Gisela Ebmer (Wien)

"Himmlisches Tanzen"

"Da nahm die Prophetin Miriam, die Schwester Aarons, die Trommel in ihre Hand, und alle Frauen zogen hinter ihr hinaus mit Trommeln und in Reigentänzen und Miriam sang ihnen vor: Singt dem Herrn, denn hoch hat er sich erhoben, Pferd und Reiter hat er ins Meer geschleudert."
"Und als die Lade des Herrn in die Stadt Davids gekommen war und Michal, die Tochter Sauls aus dem Fenster blickte, sah sie, wie König David vor dem Herrn umherwirbelte und tanzte. Da verachtete sie ihn in ihrem Herzen." (Aus dem 2. Buch Mose und dem 2. Buch Samuel)

Für viele Menschen in Österreich hat diese Woche die Fastenzeit begonnen und dennoch wird sich im Fernsehen in nicht ganz zwei Wochen wieder vieles ums Tanzen drehen. Die neue Staffel von Dancing -Stars startet. Eine evangelische Pfarrerin im Ruhestand nimmt daran teil. Es gibt Menschen, die sich darüber freuen, Körper-Ausdruck und Tanz sind ein Geschenk Gottes. Es gibt andere, die kritisieren die Teilnahme einer Pfarrerin an einer Tanzshow.
In der Bibel ist tanzen zumeist eine Art Gebet: Der große König David tanzte vor dem Herrn, als er die wertvolle Bundeslade mit den zehn Geboten, die als Fußschemel Gottes galt, nach Jerusalem brachte. Sein Tanz war ganz einfach Ausdruck seiner Freude und seiner Hochachtung vor Gott.
Genauso ist der Tanz Miriams und aller Frauen beschrieben, die ihre Freude zum Ausdruck bringen, dass Gott sie gerettet hat vor ihren Verfolgern beim Durchzug durch das Schilfmeer auf dem Weg in die Freiheit.
Die hebräische Sprache spricht nie sachlich und neutral vom Körper des Menschen: Der Körper weist immer auf die Dynamik hin, die dahinter liegt: Er ist Mittel des Erlebens, der Gefühle, des Leidens, der Freude, der Träume, des Lobens und Dankens, des Staunens, des Klagens, des Zorns, des Jubels und der Trauer. Er ist Mittel der Kommunikation, auch der Kommunikation mit Gott und der Erfahrung Gottes.
Tanzen bei Dancing Stars hat wenig zu tun mit dieser ursprünglichen biblischen Bedeutung des Tanzes. Tanzen ist hier Leistungssport, erfordert mühsames Training, Muskelkater, Frust, Stress.
Und doch: Du musst lernen auf deinen eigenen Füßen zu stehen. Wenn du nicht gut stehst und jeden Schritt sicher setzen kannst, ist Tanz nicht möglich. Nicht alleine und nicht zu zweit. Die Psalmen erzählen davon, dass Gott unsere Füße nicht wanken lässt. Sich nicht umwerfen lassen, einen guten Stand haben und für die eigene Überzeugung eintreten: eine gute christliche Eigenschaft.
Du musst lernen, in Beziehung zu leben: Spüren, was dein Partner tut. Sensibel sein beim Führen und beim Geführt-Werden. Eine christliche Haltung.
Du musst lernen, mit und in der Musik zu leben. Den Rhythmus in dir spüren und aufnehmen. Reagieren auf das, was von außen auf dich zukommt. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit für Christen und Christinnen sein, denn wir sind eingebettet in die gesamte Schöpfung Gottes.
Ich meine: Tanzen heißt Kommunikation einüben. Wenn es nun bei Turnieren und im Fernsehen um Bewertung des Tanzens geht, ist es wichtig, die richtige Balance zu finden: Ist es ein Tanzen als Ausdruck der Gefühle, ein Tanzen in Sensibilität mit dem Partner, der Partnerin, ist es eigene oder gemeinsame Körper-Erfahrung im Hören auf die Musik und damit ein Lob auf die Schöpfung?
Oder geht es um den Sieg, um das Ziel, möglichst viele Telefonanrufe zu bekommen, um Werbung zu machen für sich selber oder für den Ort, woher ich komme? Schnell kann sich der himmlische Tanz in den Tanz um das Goldene Kalb verwandeln.
Das könnte vielleicht ein Kriterium für das Publikums-Voting der Dancing-Stars-Show sein: Ist es ein Tanzen, in dem es nur mehr um Ruhm und Ehre geht oder ist das Tanzen noch der körperliche Ausdruck von Gefühlen im himmlischen und im ursprünglichen Sinn?

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Claudia Mitscha-Eibl
Titel: Mirjam-Lied
Länge: 00:20 min
Label: CCR 700 17

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