Radiogeschichten

"Die besten Jahre". Von Colette. Aus dem Französischen von Alexandra Auer. Gestaltung: Roland Knie

Sidonie-Gabrielle Claudine Colette - die in späteren Jahren nur noch ihren Familiennamen als schriftstellerisches Markenzeichen benützte - war eine durchaus bedeutende Erzählerin von großem psychologischem Raffinement und keineswegs die anspruchlose Unterhaltungsautorin, als die sie - außerhalb Frankreichs - oft gehandelt wurde. Dazu mag die bunt schillernde Lebensgeschichte der Colette beigetragen haben -: Das Provinzmädchen, das auf einen zynischen Lebemann als ersten Ehegatten hereinfällt, sich schreibend emanzipiert, Schauspiel und Varieté als künstlerische Betätigungsfelder entdeckt, erotisches Selbstbewußtsein zur Schau trägt, mit Romanen wie "Gigi" und "Chéri" berühmt wird und sich trotzdem jene gesellschaftskritische Distanz und Ironie bewahrt, die ihren Protagonisten (und ihrer realen Umgebung) zumeist abgeht...das überforderte wohl vor allem männliche Zeitgenossen. Dennoch eignen sich ihre subtilen Geschichten und Beobachtungen weder zu feministischen noch sonstigen Propagandazwecken: dazu sind sie zu klug. So bringt auch die kleine Erzählung von den "Besten Jahren" eben dieses Klischee behutsam aus der scheinbaren Balance - schon durch den Altersunterschied zwischen der Madame Vasco und ihrem deutlich jüngeren Mann - und tarierts gleich wieder
aus. Gerade so, dass ein wissendes Lächeln zurückbleibt.

Service

Aus: Colette, "Frauen", Fischer-Tabu, FRankfurt/M. 2001. Rechte: Paul Zsolnay-Verlag, Wien

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