Gedanken für den Tag

Von Cornelius Hell, Literaturkritiker und Übersetzer. "Warum leide ich? Das ist der Fels des Atheismus" - Zum 200. Geburtstag von Georg Büchner. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Es ist keine Kunst, ein ehrlicher Mann zu sein, wenn man täglich Suppe, Gemüse und Fleisch zu essen hat." So lautet einer der Sätze in Georg Büchners berühmtem Drama "Woyzeck", die einem nicht aus dem Kopf gehen. Unter den drückenden Verhältnissen der damaligen Zeit litt Büchner nicht nur am völligen Mangel politischer Freiheiten, sondern auch an der Ausbeutung und der hoffnungslosen materiellen Lage des Volkes. In einem Brief vom Dezember 1833 drückt er es so aus: "Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen. Ich bete jeden Abend zum Hanf und zu den Laternen." Mit dem Hanf meint Büchner den Strick, mit dem die Adeligen auf den Laternen aufgeknüpft werden sollen.

Im Jahr darauf, 1834, verfasste Georg Büchner ein politisches Manifest, den "Hessischen Landboten". "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" lautet die berühmte Kampfansage zu Beginn. In biblischer Sprache polemisiert "Der Hessische Landbote" gegen die sogenannte "gottgewollte" Herrschaft - untermauert mit genauen Statistiken über Steuern und Ausgaben des Großherzogtums Hessen. Die Schrift endet mit einem Gebet: "Herr, zerbrich den Stecken unserer Treiber und lass dein Reich zu uns kommen, das Reich der Gerechtigkeit. Amen."

Für die Verbreitung der Schrift kamen Freunde von Büchner ins Gefängnis, während er selbst rechtzeitig nach Straßburg fliehen konnte. Er sah danach keinen Sinn mehr in der politischen Agitation, sondern ging den Weg in die Kunst. Seine drei Stücke "Dantons Tod", "Leonce und Lena" und "Woyzeck" sind Weltliteratur. In seinem Denken und in seiner Sprache blieb Büchner ein Radikaler. Das Lustspiel "Leonce und Lena" huscht mit einem artistischen Lachen über so ziemlich alles hinweg, was nicht nur dem damaligen Bürgertum heilig war: die Arbeit, die Nation und der Staat. Auf die ironische Aufforderung "So wollen wir nützliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft werden", antwortet Leonce: "Lieber möchte ich meine Demission als Mensch geben."

Service

Buch, Georg Büchner, "Sämtliche Werke und Briefe", Reclam Verlag
Buch, Georg Büchner, "Werke und Briefe", Verlag Lambert Schneider
Buch, Hermann Kurzke, "Georg Büchner. Geschichte eines Genies", Verlag C. H. Beck
Buch, Jan-Christoph Hauschild, "Georg Büchner. Verschwörung für die Gleichheit", Verlag Hoffmann & Campe
Buch, Michael Hofmann und Julian Kanning, "Georg Büchner. Epoche - Werk - Wirkung", Verlag C. H. Beck
Buch, Jan-Christoph Hauschild, "Georg Büchners Frauen", Deutscher Taschenbuchverlag
Buch, Barbara Neymeyr (Hg.), "Georg Büchner", Neue Wege der Forschung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Buch, Christian Milz, "Georg Büchner. Dichter, Spötter, Rätselsteller", Passagen Verlag

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Baptist Vanhal/1739 - 1813
Gesamttitel: Klavierquartette Op.40, 1-3
Titel: Klavierquartett Nr.1 in Es-Dur, op.40/1: Adagio
Ausführende: Musica Aeterna Bratislava = Peter Zajicek /Violine, Jan Grener, Viola, Peter Krial, Cello
Solist/Solistin: Richard Fuller /Hammerklavier
Länge: 02:00 min
Label: Musica Classic 7900342

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