Radiokolleg - Wann ist ein Lied ein Lied?

8. Jänner 2014, 09:45

Als die kanadische Band Crash Test Dummies die Nummer "Mmm Mmm Mmm Mmm" als Single vorschlug, soll ihre Plattenfirma bezweifelt haben, dass ein Lied mit einem gesummten Refrain den Menschen im Gedächtnis bleiben würde. Sicher ist, dass "Mmm Mmm Mmm Mmm" im Jahr 1994 ein internationaler Erfolg wurde. Es braucht definitiv keine Slogans zum Mitsingen, um beim Publikum anzukommen. Allerdings ist das tröstliche Summen in ein klassisches Pop-Schema eingebettet. Strophen und Refrain wechseln ab, es gibt keine Irritationen.

Singleformat und Radio wirkten im 20. Jahrhundert stark normativ, parallel bieten Lieder in aller Welt eine große formale Vielfalt. Zwischen (Kinder)Liedern, die nur wenige Verse haben, und langen Balladen lassen sich Kategorien kompakter Lieder von ähnlichem Umfang unterscheiden. Den Strukturen von Folk und Blues stehen die alten Liedtraditionen des mediterranen Raums gegenüber, die im lateinamerikanischen Raum vielgestaltig weiterleben. Jazz und Theatermusik bringen sich ins populäre Liedgut ein und erweitern die Möglichkeiten ebenso wie die Stilmittel von Arrangement und Klangwelten. Dabei stellt ein etabliertes Lied eine so klare Idee dar, dass es auch instrumental interpretiert werden kann.

Dem steht der Begriff einer "cantabilen" Melodie gegenüber, und Felix Mendelssohn Bartholdy präsentierte schon im frühen 19. Jahrhundert sein Konzept der "Lieder ohne Worte" - quasi Kompositionen, die jeweils ein Lied vorwegnehmen, das es (noch) nicht gibt.

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