Da capo: Im Gespräch

"In den Vorstädten wütete der Kampf, während im Inneren der Stadt nichts zu sehen war!" (Stefan Zweig)
Renata Schmidtkunz spricht mit Emmerich Tálos, Politologe, Historiker, Theologe

"Die Erinnerung an den Februarkampf ist lästig" - schrieb der Schriftsteller Erich Hackl kürzlich in einem Zeitungsartikel. Gemeint sind die Kämpfe des kurzen österreichischen Bürgerkrieges im Februar 1934.

Nun waren die Kämpfe selbst - wie gesagt - kurz, wenn sie reichlich Menschenleben forderten. Aber der Weg dorthin und der Weg von dort weg bis hin zum Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland war ein weiter. Kaum hatte sich 1920 der Rest des ehemalig mächtigen Habsburgerreicher Reiches eine republikanische Verfassung gegeben, schon wurde eben diese heftig bekämpft. Die ebenfalls 1920 in allen Bundesländern gegründeten Heimwehren verstanden sich als bewaffneter Arm der christlich-sozialen Partei im Kampf gegen Bolschewismus und Sozialismus. Die von der im Parlament stimmenstärkeren Sozialistischen Arbeiterpartei geforderte soziale Gerechtigkeit und Beteiligung der Arbeiterinnen und Arbeiter am Volkseigentum wurde als heftige Bedrohung empfunden. Mit Blick ins ehemalige Zarenreich vielleicht auch nicht zu Unrecht. Ab Ende der 1920er Jahre verschärfte sich der politische Kampf, der Ruf nach einem autoritären Staat unter einem diktatorischen Herrscher wurde immer lauter.

Emmerich Talós, Professor emeritus für Politikwissenschaften an der Uni Wien, hat zum 80. Jahrestag der Februarkämpfe eine 622 Seite starke Monografie über die Austrofaschistische Herrschaft zwischen 1933 und 1938 vorgelegt. Neben Politologie hat der gebürtige Burgenländer und Träger zahlreicher Auszeichnungen Katholische Theologie und Geschichte studiert. Sein wissenschaftliches Leben hat er fast ausschließlich der Erforschung des Sozialstaates einerseits und der Aufarbeitung der Zeit vor, während und nach dem Austrofaschismus andererseits gewidmet. Für sein jüngstes Buch ist Emmerich Talós mit dem "Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch 2014" ausgezeichnet worden.

Service

Evelyne Polt-Heinzl und Erich Hackl (Hg), "Im Kältefieber. Februargeschichten von 1934", Picus-Verlag, 2014

Emmerich Tálos, "Staatliche Sozialpolitik in Österreich", Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1981

Emmerich Tálos mit Georg Vobruba (Hrsg.), "Perspektiven der Arbeitszeitpolitik", Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1983

Emmerich Tálos mit Karl Wörister, "Soziale Sicherung im Sozialstaat Österreich. Entwicklung - Herausforderungen - Strukturen,Nomos", Baden-Baden, 1994

Emmerich Tálos mit Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer und Reinhard Sieder (Hrsg.), "NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch", öbv&hpt VerlagsgmbH, Wien, 2000

Emmerich Tálos, "Vom Siegeszug zum Rückzug. Sozialstaat Österreich 1945-2005", Band 3 "Österreich 50 Jahre Zweite Republik", Studienverlag, Innsbruck, 2005

Emmerich Tálos mit Wolfgang Neugebauer (Hrsg.), "Austrofaschismus", LIT Verlag, Wien, 2005

Emmerich Tálos mit Herbert Dachs u.a. (Hrsg.), "Politik in Österreich. Das Handbuch", Manz, Wien, 2006

Emmerich Tálos mit Herbert Obinger, "Sozialstaat Österreich zwischen Kontinuität und Umbau. Eine Bilanz der ÖVP/FPÖ/BZÖ-Koalition", Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

Emmerich Tálos, "Schwarz-Blau. Eine Bilanz des "Neu-Regierens", Lit Verlag, Wien, 2006

Emmerich Tálos, "Sozialpartnerschaft. Ein zentraler politischer Gestaltungsfaktor in der Zweiten Republik", Studienverlag, Innsbruck, 2008

Emmerich Tálos, "Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich" 1933 - 1938, Lit Verlag, Wien, 2013

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