Gedanken für den Tag

4. März 2014, 06:56

Vor ziemlich genau zwei Jahren besuchte ich Haiti. Zwei Jahre waren seit dem großen Erdbeben vergangen und das größte Projekt der Diakonie Katastrophenhilfe - der Wiederaufbau von 620 Häusern im Süden des Landes war abgeschlossen. Auf der Fahrt durch Port au Prince und dann an die Südküste der Insel war die Zerstörung, die das Erdbeben angerichtet hatte, noch überall zu sehen.

Es war zwar viel getan worden, aber Hilfsmaßnahmen dieses Ausmaßes brauchen Zeit. Es sind Besitzrechte für Bauplätze zu klären, Material muss gekauft und im Fall von Haiti zum Großteil auch importiert werden. Die Menschen in Haiti waren enttäuscht und ungeduldig. Sie hatten sich anderes erhofft. Warum war für sie, die Armen des Landes, keine sichtbare Verbesserung ihrer Situation zu erkennen?

Persönliches Schicksal und Abläufe großer Hilfsmaßnahmen sind oft nicht in Einklang zu bringen. Das ist sehr schmerzhaft, auch, oder vielleicht gerade wenn man für eine Hilfsorganisation tätig ist. Man weiß, dass man so viele Hoffnungen von Betroffenen nicht erfüllen kann. Eine hoffnungslose Situation also.

Und doch lag da auch noch anderes in der Luft. Im Stadtzentrum von Jacmel wurden vor den beschädigten Häusern aus der Kolonialzeit Holzgerüste errichtet, die nichts mit dem Erdbeben zu tun hatten. Gerüste für die Zuseher des traditionellen Umzugs am Mardi Gras, dem Faschingsdienstag.

Fasching - ich muss gestehen, ich konnte damit nicht viel anfangen. In Haiti allerdings habe ich verstanden, dass er auch ein Fest des Widerstands sein kann. In einer Situation, geprägt von der Zerstörung materieller Güter und sozialer Strukturen, von Hoffnungslosigkeit und Zukunftsangst, braucht es diese Gegenbewegung. Sie hält das Bewusstsein hoch, dass jedem Menschen ein Leben in Fülle zugesagt ist.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler