Gedanken für den Tag

von Guido Tartarotti, Theaterkritiker, Kolumnist bei der Tageszeitung "Kurier" und Kabarettist. "Gottes kleiner Bruder" - Zum 450. Geburtstag von William Shakespeare. Gestaltung: Alexandra Mantler

Noch mehr Erinnerungen: Umziehen in eine andere Stadt, mit 12 Jahren. Versteckt in einem Hohlraum unter den Stiegen, mit der kiloschweren Shakespeare-Gesamtausgabe der Eltern, entwendet aus einer Übersiedlungskiste. Und während rundherum der Umzugs-Wahnsinn tobt, hineinfallen in die Welt dieser Stücke. Keine Inszenierung konnte dieses Gefühl je wiederbringen. Es ist so wie August Diehl, der grandiose Hamlet-Darsteller im Burgtheater, sagt: "Ein Shakespeare-Drama ist immer spannender, wenn man es liest, als auf der Bühne. Wenn man es liest, ist es so spannend und klar." Shakespeare spricht direkt zu einem, man braucht keinen Regisseur, die Inszenierung im Kopf ist immer die beste. Und immer aktuell.

In der ersten Szene des vierten Akts von König Lear sagt der geblendete Gloster in der sehr guten neuen Übersetzung von Peter Stein: "Das ist die Seuche dieser Zeit - Verrückte führen Blinde" (when madmen lead the blind). Das gibt bei jeder Aufführung im Burgtheater einen großen Lacher - und es ist ein guter Lacher. Denn das heißt ja, dass Shakespeare vor 400 Jahren einen Kommentar zur österreichischen Innenpolitik von 2014 schrieb, sozusagen. Und auch zu allem anderen. Das ist das Großartige an Shakespeare: Seine Sprache mag altern, seine Gedanken nie. Man hat das Gefühl, er hat damals beim Schreiben nicht nur alles gewusst, was schon war - sondern auch alles, was noch sein wird. Man sieht seine Stücke und fühlt sich gemeint.

Überlassen wir die Schlussworte der Theaterregisseurin Irina Brook: "Je mehr Zeit vergeht, desto mehr verstärkt sich mein Eindruck, dass Shakespeare der Größte auf Erden ist. Da ist einfach alles drin. Es trägt das ganze Universum in sich. Er ist Lebensnahrung. Ich denke, man sollte die Menschen ständig und in jedem Alter mit Shakespeare füttern." Soweit Irina Brook.

Und der Rest ist sowieso: - .

Service

Guido Tartarotti

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Thomas Campion/1567 - 1620
Album: In the Streets and Theatres of London - Straßengesänge und Theatermusik aus Elisabethanischer Zeit
Titel: What is a Day
Ausführende: Musicians of Swanne Alley
Länge: 02:00 min
Label: Virgin VC 7907892

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