Gedanken für den Tag

von Herbert Pietschmann, Physiker. "Die Schöpfung und ihre Mechanismen". Gestaltung: Alexandra Mantler

Als Sokrates in Athen noch jung war, begab sich ein Jugendfreund nach Delphi, um das Orakel zu befragen, wer wohl der weiseste Mann in Athen wäre. Das Orakel nannte Sokrates und als dieser davon erfuhr, war er erschrocken und verwundert, weil er sich selbst nicht für weise hielt. Aber zu lügen war dem Gott des Orakels nicht gestattet, also wollte Sokrates herausfinden, was das Orakel mit seinem Spruch wohl gemeint haben könnte.

Sokrates suchte nun in Athen jene Männer auf, die als große Lehrer auftraten und daher als weise galten. Er wollte im Gespräch versuchen, von ihnen zu lernen und so zeigen, dass er nicht der Weiseste sein könne, weil er eben weniger wüsste als der Angesprochene. Aber immer wieder musste er feststellen, dass die weisen Lehrer von Athen bei genauerer Befragung unsicher wurden und schließlich zugeben mussten, durch die Wissbegierde des Sokrates ihr eigenes Wissen entschwinden zu sehen. Durch die vielen Diskussionen mit angeblich Weisen war Sokrates zum Schluss gekommen, dass weder er, noch die anderen wahrhaft weise wären.

Dass ihm dieses Verfahren wenig Sympathie einbrachte, ist wohl verständlich; schließlich wurde er dafür - im Alter von über 70 Jahren - zum Tode durch den Giftbecher verurteilt. Er nahm das Urteil an und verabschiedete sich von seinen Freunden mit den Worten: "Es ist nun Zeit zu gehen, ich, um zu sterben, und ihr, um zu leben. Wer aber von uns beiden zu dem besseren Geschäft hingehe, das ist allen verborgen außer nur Gott."

Auch den Orakelspruch konnte er nun deuten; er sagte: "Ich scheine also um dieses Wenige doch weiser zu sein als alle die Anderen, weil ich, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen meine."

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Ludwig van Beethoven/1770 - 1827
Album: GLENN GOULD SPIELT BEETHOVEN KLAVIERSONATEN / VOLUME 1
* Scherzo: Allegro molto - 2.S. (00:03:02)
Titel: Sonate für Klavier Nr.12 in As-Dur op.26
Klaviersonate
Solist/Solistin: Glenn Gould /Klavier
Länge: 02:10 min
Label: CBS M3YK 45821

weiteren Inhalt einblenden