Logos - Theologie und Leben

"Verlorenes Vertrauen" - Kann man heute noch glaubwürdig katholisch sein? Gestaltung: Johannes Kaup

Der Missbrauchsskandal, der vor ein paar Jahren Deutschland und in der Folge auch Österreich erschütterte, ist maßgeblich vom deutschen Jesuitenpater Klaus Mertes aufgedeckt worden. Nach dem Erscheinen seines Artikels in seiner Ordenszeitschrift unter dem Untertitel "Dem Schweigen widersprechen" hat Mertes als damaliger Rektor des Berliner Canisius-Kollegs den sexuellen Missbrauch junger Menschen an diesem Kolleg in den 1970er- und 1980er-Jahren öffentlich gemacht und einbekannt. Dies brachte zahlreiche Aufdeckungen von Missbrauch in kirchlichen und nichtkirchlichen Einrichtungen ins Rollen.

Die Öffentlichkeit anerkannte den Mut zum Widerspruch von Klaus Mertes, während Teile des Ordens sein Handeln als Illoyalität missbilligten. Doch Mertes war loyal den Opfern gegenüber und damit seinem Gewissen. Durch mutige Personen wie ihn gewann die katholische Kirche langsam wieder an Glaubwürdigkeit. Doch viele Katholikinnen und Katholiken sind nicht nur seitdem in ihrem Katholischsein verunsichert.

Klaus Mertes ist der Überzeugung, dass man Vertrauen nur zurückgewinnen kann, wenn man dem alten biblischen Ruf zur "Metanoia", zum Umdenken folgt. Diesen Weg spricht auch Papst Franziskus an, indem er das taktische und institutionsorientierte Denken als "ekklesiologischen Narzissmus" entlarvt. Die Glaubwürdigkeit der Kirche entscheide sich am Verhältnis zur Wahrheit, auch dann, wenn sie bitter schmeckt. Und sie entscheide sich auch daran, ob sie in Wahrheit Überzeugungen hat, die sie nicht mehr Machtinteressen unterordnet. Gerade für das katholische Kirchenverständnis sei es essentiell, sich beim Umdenken das immer wieder neu auszulegende Evangelium zum Maßstab zu nehmen. Vielleicht ist es sogar ein "Zeichen Gottes", dass die Kirche von der Welt derzeit so kritisch betrachtet wird? Vielleicht ist es ein Aufruf, nicht mehr der institutionellen Macht, sondern etwas - oder dem - "ganz Anderen", Gott, zu vertrauen? Vielleicht liegt gerade darin der Schlüssel, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen? Diese Fragen erörtert Johannes Kaup im Gespräch mit Klaus Mertes.

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