Gedanken für den Tag

von Ines Knoll, evangelische Pfarrerin. "Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein" - Zum 140. Geburtstag von Albert Schweitzer. Gestaltung: Alexandra Mantler

Wie schafft das einer: Theologie, Philosophie und Musik teilweise parallel zu studieren, manchmal die ganze Nacht durchzuarbeiten - seine große Jesus-Arbeit - und am Morgen, ohne geschlafen zu haben, zum Orgelunterricht zu erscheinen. Wie schafft das einer, nach zwei Doktoraten, einer Habilitation, einer Musikuntersuchung über Johann Sebastian Bach dann auch noch Medizin zu studieren.

Da muss eine inständige Sehnsucht der Antrieb sein und ein Plan, der aus ihr folgt. Die Sehnsucht war: ein Sinn zu sein für die Welt. Für Albert Schweitzer war es nicht zu fassen, dass er inmitten von Menschen, die in ihrem Leid und ihrer Sorge rangen, ein glückliches Leben führen durfte. Das ist nicht fair, hat das Kind schon gefühlt. An einem Pfingstmorgen im elsässischen Heimatort Günsbach kommt dem 21-Jährigen im Erwachen die Idee einer Gleichung, die für ihn stimmt: Das erfahrene Glück ist nicht selbstverständlich. Für das erfahrene Glück muss ich etwas hergeben. Albert Schweitzer fühlt sich auf einmal in einem ganz eigenen, besonderen Einklang mit sich in der Welt. Er besitzt von nun an ein inneres Glück zu dem äußeren. Denn bis zum 30. Lebensjahr wird er es sich erlauben, sein Leben der Wissenschaft und Kunst zu widmen. Von da an wird er sich "einem unmittelbaren menschlichen Dienst weihen." Und der Plan wird aufgehen, ein Mensch für die Welt zu sein:

"Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein.
Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen, wenn ich es kann.
Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten.
Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas zu sehnen und es zu verwirklichen, Schiffbruch zu erleiden oder Erfolg zu haben.
Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem Trinkgeld abkaufen zu lassen.
Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten als ein gesichertes Dasein führen;
lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolges als die dumpfe Ruhe Utopiens.
Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben,
noch meine Menschenwürde gegen milde Gaben.
Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu handeln,
der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und zu bekennen,
dies ist mein Werk: Ich bin ein freier Mensch."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Titel: Konzert für 2 Cembali, Streicher und B.c. in c-moll BWV 1060
* Allegro - 1.Satz (00:05:12)
Solist/Solistin: Trevor Pinnock /Cembalo
Solist/Solistin: Kenneth Gilbert /Cembalo
Orchester: The English Concert
Leitung: Trevor Pinnock
Ausführender/Ausführende: Kenneth GILBERT/16.12.1931 Montreal
Länge: 02:00 min
Label: DG 4151312

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