Gedanken für den Tag

23. Jänner 2015, 06:56

JERUSALEM IM HERZEN

Else Lasker-Schüler hatte schon als Kind unter antisemitischen Stänkereien zu leiden. In einer Erinnerung an ein Fest in ihrer Geburtsstadt Elberfeld, an dem nicht nur die christlichen sondern auch die jüdischen Kinder teilnahmen, schreibt sie vom Neid ihrer Altersgenossinnen "weil ich ein rotes Kleidchen trug. ... "Hepp, hepp", riefen die lutherischen Kinder, bis die katholischen kleinen Mädchen es ihnen nachahmten." Der Herr Kaplan beruhigte sie, "hepp, hepp" hieße doch nur "Jerusalem ist verloren". Dass dieses hepp hepp ein beliebter antisemitischer Kampfruf war, sagte der Kaplan nicht. Doch dann schreibt die Dichterin von einem Traum, in dem ihr Jesus von Nazareth erschien und ganz nah an ihr Bett trat und sagte: "Jerusalem ist nicht verloren, da es in deinem Herzen wohnt."

In ihrem merkwürdigsten Buch, dem "Hebräerland", geschrieben 1935 in der Schweizer Emigration nach der ersten Palästinareise, malt die Dichterin ein idealisiertes, von Friedenssehnsucht durchtränktes Jerusalem-Bild, in das sie ihre messianische Vision des friedlichen Zusammenlebens von Arabern, Juden und Christen projiziert.

Ende März 1939 kommt die siebzigjährige Else Lasker-Schüler dann endgültig in "ihrem" Jerusalem an. Müde, gehetzt und von namenloser Furcht getrieben. Aus der deutschen Heimat längst ausgebürgert, in der Schweiz nicht mehr willkommen. Jerusalem - als Exil - sieht eine alte, kranke, für verrückt gehaltene, gebrochene Frau. 1942 schreibt Else Lasker-Schüler an den renommierten Religionsphilosophen Martin Buber: "Adon Professor, ich bin . ein tief trauriger Mensch. Ich ströme von einem Tag nach dem anderen hin. Vielleicht glaubt Gott der Ewige an mich, ... Und liege doch in seiner Unsichtbaren Hand. Ihr Prinz Jussuf".

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