Gedanken für den Tag

von Mirja Kutzer, Germanistin und katholische Theologin. "Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn - wenn Fasten, dann Fasten" - Zum 500. Geburtstag der Teresa von Ávila. Gestaltung: Alexandra Mantler

Askese

"Wenn Rebhuhn dann Rebhuhn - wenn Fasten, dann Fasten", ist einer der berühmtesten Aussprüche Teresas von Ávila. Er zeugt von der pragmatischen, dem Leben und auch dem Körper zugewandten Haltung der spanischen Karmelitin. Manchmal ist es gut, Hunger auszuhalten, manchmal wäre es geradezu sträflich, einem kranken Körper das gesunde Essen zu verweigern. Und auch Genuss, sinnlich-körperlich empfunden, ist dem Menschen nicht grundsätzlich verboten. Von manchen ihrer Zeit wurde diese Haltung als Laxheit ausgelegt. Doch für Teresa war Askese nie ein Selbstzweck. Es ging ihr nicht um Kasteiung oder Abtötung des Körpers. Deutliche Zweifel meldet sie auch an Strömungen an, die Askese und Fasten als striktes Einhalten von Vorschriften betrachten.

In der beginnenden Moderne wird Askese zunehmend zu einer Technik. Parallel zu den experimentellen Versuchsanordnungen in den Naturwissenschaften werden auch Fasten und Verzicht zu einer Art objektivem Verfahren. Körper und Geist sollen in eine bestimmte Verfassung gebracht, eine Gottes-Präsenz quasi erzeugt werden. Teresa meldet hier ihre Zweifel an. Für sie ist Christsein keine Technik, auch nicht in erster Linie ein Erfüllen von Normen und Geboten. Es hat etwas mit Liebe zu tun, mit Beziehung und Hingabe - und all dies lässt sich nicht durch Techniken produzieren.

Hier zeigt sich mehr als nur die Sentimentalität einer Nonne des 16. Jahrhunderts. Es ist die Infragestellung eines Wissensideals, das auf Objektivierung und Technisierung aufbaut und den Standpunkt des Betrachters, seine Gefühle und individuellen körperlichen Befindlichkeiten ausblenden will. Es ist nicht zuletzt der Körper, der sich dagegen sperrt, dass der Mensch ganz technisch wird. Wer wahrhaft human sein will, so könnte man bei Teresa ablesen, muss sich um den Körper des Menschen und seine Bedürfnisse kümmern. Und nur dann könnte der Mensch auch Gott begegnen.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Tilman Susato/um 1510 od. 1515 - um 1570
Album: TILMAN SUSATO: DANSEREYE 1551 - TANZMUSIK IM 16.JAHRHUNDERT
Titel: Den I. Ronde "Pour quoy" - für 2 Violinen, 3 Violen, Cembalo, Orgel und Handtrommel
Ausführende: New London Consort
Leitung: Philip Pickett
Länge: 02:00 min
Label: L'oiseau lyre / Decca 4361312

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